Die Stadtregierung räumt im Abschlussbericht Pannen ein, sieht die Schuld dafür aber beim Management – schließlich habe man sich nie in den operativen Bereich eingemischt.
Wien. Nicht bei sich, sondern ausschließlich beim Management sieht die rot-grüne Stadtregierung die Verantwortung für die zahlreichen Pannen und Verzögerungen beim Bau des Wiener Prestigeprojekts Krankenhaus Nord.
Politische Verantwortung bedeute, Grundsatzentscheidungen zu treffen. Und das hätten die Zuständigen insofern getan, als in Floridsdorf ein modernes Spital gebaut wurde. „Die Fehler beim Bau kamen aber vom Management“, sagte David Ellensohn, Fraktionsführer der Grünen, am Dienstag bei der Präsentation des 230-seitigen Abschlussberichts zur Untersuchungskommission, die am Donnerstag endet.
Die Entscheidungsträger – also Bürgermeister Michael Häupl sowie die Gesundheitsstadträtinnen Sandra Frauenberger und vor allem Sonja Wehsely (alle SPÖ), die bis 2017 für den Krankenanstaltenverbund (KAV) zuständig war – hätten sich nie in den operativen Bereich eingemischt.
„Janßen war kein Fehlgriff“
Wehsely habe auch bei Personalentscheidungen keine Fehler begangen. Der von ihr eingesetzte umstrittene Generaldirektor Udo Janßen sei nämlich in erster Linie für die Umsetzung des Spitalskonzepts 2030 geholt worden und nicht für das Spital. Damit wurde Janßens Stellvertreter, Thomas Balazs, betraut, der aber ebenfalls mit vielen anderen Dingen im KAV beschäftigt gewesen sei. „Ich würde nicht sagen, dass Janßen ein Fehlgriff war. Die Struktur war nicht funktional“, sagt Peter Florianschütz, Fraktionsführer der SPÖ.
Laut Ellensohn hätte es einen eigenen Verantwortlichen für das Bauvorhaben gebraucht. Die Politik habe aber entsprechend reagiert, als Zeit- und Kostenverfehlungen nicht zuletzt wegen der Pleite der Fassadenfirma und Planungsmängel bei der Statik immer offensichtlicher wurden. Gemeint ist die Verstärkung der Bauherrenfunktion, die Erneuerung der Projektsteuerung und die Aufnahme von AKH-Manager Herwig Wetzlinger ins KAV-Direktorium. Dass die Stadt keinen Generalunternehmer eingesetzt, sondern 250 Aufträge einzeln ausgeschrieben habe, sei im Nachhinein eine Fehlentscheidung gewesen, räumt Ellensohn ein: „Der Abend ist gescheiter als der Morgen.“
Angesprochen wurde auch der 95.000 teure Energetikerschutzring, der in der Kommission „Fassungslosigkeit“ ausgelöst habe. Das Honorar werde zurückgefordert, ein Verfahren sei anhängig.

Kompetenzstelle kommt
Damit Projekte wie das Krankenhaus Nord, das Anfang April in Klinik Floridsdorf umbenannt wurde, künftig nicht derart aus dem Ruder laufen, sollen eine Projektstelle für große Bauvorhaben sowie ein Frühwarnsystem installiert werden, wie aus dem Bericht hervorgeht.
„Für die effiziente und wirtschaftliche Abwicklung künftiger groß dimensionierter Bauprojekte empfiehlt sich die Einrichtung einer Projektgesellschaft unter Beteiligung leistungsfähiger Dritter mit ausreichender Bauerfahrung und geeignetem Baufachwissen“, heißt es unter dem Punkt „Lessons Learned“. Die neue Einrichtung wird als Tochtergesellschaft des KAV gegründet. Sie soll nächste Woche im Gemeinderat beschlossen werden und bei künftigen Bauvorhaben und Großsanierungen die Leitung übernehmen. Dazu kommt für jedes eigene Projekt ein nur dafür zuständiges Management, um klare Verantwortlichkeiten zu definieren. Geplant ist dabei auch ein Bonus-Malus-System.
Zudem ist eine ständige Kostenkontrolle vorgesehen. Sobald also im Lauf eines Projekts Überschreitungen von mehr als 20 Prozent sichtbar werden oder sich abzeichnen, muss der Stadtrechnungshof informiert werden. Ob und wie dann gegengesteuert werden soll, ist aber noch offen. Die Informationspflicht sei aber in jedem Fall sinnvoll, „damit die Opposition über den Stadtrechnungshof-Ausschuss laufend weiß, was Sache ist“, sagt Florianschütz.
Beschluss am Donnerstag
Der Bericht dürfte am Donnerstag als offizieller Abschlussbericht beschlossen werden. Dafür reicht eine einfache Mehrheit. Die FPÖ kündigte einen eigenen Bericht an. ÖVP und Neos werden keinem davon zustimmen und eigene Resümees präsentieren.
Auf einen Blick
Abschlussbericht. Am Donnerstag endet nach rund zehn Monaten die Untersuchungskommission zum Wiener Krankenhaus Nord. Die Stadtregierung zog bereits am Dienstag ihr Resümee. Rot-Grün räumt darin zwar ein, dass zahlreiche Fehler auf der Baustelle passiert sind. Dafür sei aber nicht die Politik, sondern das Management verantwortlich gewesen. In das operative Geschäft habe sich keiner der politisch Verantwortlichen eingemischt.
(Red.)