"Hetze gegen Mitmenschen werden wir in Österreich niemals akzeptieren", betont der Bundespräsident. Er begrüße die „klare Reaktion des Bundeskanzlers“.
Nun hat sich auch Bundespräsident Alexander Van der Bellen zu dem migrantenfeindlichen „Ratten-Gedicht“ des freiheitlichen Braunauer Vizebürgermeisters Christian Schilcher zu Wort gemeldet. "In den letzten Tagen und Wochen sind Aussagen öffentlich geworden, mit denen gezielt Hetze gegen einzelne Menschengruppen betrieben wurde. Solche Aussagen führen zur Vergiftung des gesellschaftlichen Klimas in unserem Land. Sie führen zur Spaltung statt zur Stärkung des Gemeinsamen in unserer Heimat. Und damit wird auch das Ansehen Österreichs in der Welt massiv beschädigt. Hetze gegen Mitmenschen werden wir in Österreich niemals akzeptieren", heißt es in einer Aussendung des Bundespräsidenten vom Mittwoch.
Er begrüße „die klare Reaktion des Bundeskanzlers" und nehme zur Kenntnis, dass im Fall der FPÖ Braunau Konsequenzen gezogen wurden. FPÖ-Chef Heinz-Christian Strache hatte bekanntlich am Dienstag Schilchers Abgang aus Amt und Partei angekündigt. ÖVP-Bundeskanzler Sebastian Kurz nannte das „die einzig logische Konsequenz zu diesem abscheulichen und rassistischen Gedicht“.
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Gespräch in Hofburg
Van der Bellen führte am Dienstag auch ein persönliches Gespräch mit Strache, wie er in seiner schriftlichen Stellungnahme bekanntgab. Dabei habe er festgehalten, dass „alle Politiker, besonders aber die Funktionäre einer Regierungspartei Verantwortung für den Zusammenhalt unserer Gesellschaft tragen und für ein Klima des Respekts zu sorgen haben."
Van der Bellen erinnerte daran, dass er schon bei der Angelobung der Regierung 2017 besondere Achtsamkeit beim Gebrauch der Sprache eingemahnt habe. „Seit ich mein Amt angetreten habe, sehe ich es zudem als meine Pflicht und Aufgabe an, den Willen und das Wohl aller im Blick zu haben. Das ist selbstverständlich auch eine zentrale Aufgabe der Bundesregierung unter Führung von Bundeskanzler Kurz und Vizekanzler Strache. Sie sind es, die als Vertreter Österreichs in besonderem Maße für das Ansehen unserer Heimat in der Welt und für den Wirtschaftsstandort Österreich Sorge zu tragen haben", betont der Bundespräsident.
SPÖ-Chefin Pamela Rendi-Wagner hatte Van der Bellen am Dienstag in einem Brief ersucht, in Bezug auf das Gedicht „Einfluss geltend zu machen, um entsprechenden Entwicklungen Einhalt zu gebieten.“ Die SPÖ wird im Nationalrat einen Misstrauensantrag gegen Strache einbringen.
Regierung sieht auch SPÖ in der Pflicht
Kurz und Strache verteidigten am Mittwoch nach dem Ministerrat ihre Reaktion auf das "Ratten-Gedicht". Beide sehen aber auch die SPÖ in der Pflicht, wenn es um Konsequenzen bei Verfehlungen geht: Sie verwiesen auf die Beschäftigung von Paul Pöchhacker, jenem SPÖ-Kampagnenmitglied im Nationalratswahlkampf, das manipulierte Facebook-Seiten gegen Kurz betrieben haben soll. Im Rennen um die Bundespräsidentschaft hatte er dem nach einem Sportunfall behinderten FP-Nationalratspräsidenten Norbert Hofer Helmut Qualtingers "Krüppellied" gewidmet. Laut Medienberichten ist Pöchhacker mit seiner Firma wieder für die SPÖ tätig.
Wenn es nun um die Kritik an "Einzelfällen" in der FPÖ geht, fehle SPÖ-Chefin Pamela Rendi-Wagner "jedwede moralische Legitimation", bezog Strache sich auf das Engagement Pöchhackers ("Zeremonienmeister der Hetze"). Auch will sich der FPÖ-Obmann keine anderen Verfehlungen "in die Schuhe schieben lassen", wie Vereine, die mit der FPÖ nichts zu tun hätten. Bei der SPÖ regierten derzeit "Diffamierung", "Denunziation" und "Hetze".
Kurz stellt sich bei der Kritik an der SPÖ hinter seinen Vize und erinnerte an die Koalitionen der Sozialdemokraten mit der FPÖ in Linz und im Burgenland. Auch will sich der Bundeskanzler laut eigener Aussage immer dann zu Wort melden, "wenn ich das Gefühl habe, dass es notwendig ist". Dies betreffe jede Form von Extremismus und Antisemitismus. Sollte dies ein Regierungsmitglied betreffen, will Kurz auch von seinem Durchgriffsrecht Gebrauch machen.
FPÖ-Innenminister Herbert Kickl betonte, es sei wichtig, wie man mit "Einzelfällen" wie diesem umgeht. Die eigenen Mitglieder dahin gehend verstärkt zu beobachten bedeute allerdings eine "Stasi innerhalb der Partei", betonte er. Auch Kickl nahm die SPÖ in die Pflicht, aus deren Reihen ebenso Vergleiche der FPÖ-Wähler mit Ratten gekommen seien. Kickl ortet dahin gehend eine "gewisse Schieflage in der öffentlichen Wahrnehmung".
(Red.)