Statussymbol: Smart Home

Dirigieren. Entweder am Smartphone oder am Bedientablet den Komfort regeln.
Dirigieren. Entweder am Smartphone oder am Bedientablet den Komfort regeln.(c) Gira
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Das Orchestrieren der Technik gehört zunehmend zur Inszenierung des Wohnkomforts. Individuelle Lösungen dirigieren alle Geräte für das perfekte Zusammenspiel.

Egal, ob im Swimmingpool vor dem Haus der pH-Wert des Wassers konstant gehalten wird oder die Stimme eines bekannten Schauspielers dem Großflächenbildschirm den Befehl zum Programmwechsel gibt: „Ein Smart-Home-System gehört heutzutage schon zur Grundausstattung einer Luxusimmobilie", sagt Florian Hofer, Geschäftsführer für die Regionen Kitzbühel, Zell am See und Mallorca beim Makler Engel & Völkers, der sich auf Objekte im gehobenen Preissegment spezialisiert hat. „Und sie erhöhen zusätzlich den Wert des Hauses." Mit Alexa und Co. haben solche Systeme freilich wenig zu tun. Smart-Home-Lösungen integrieren eine Vielzahl an Einzelgeräten. Je großflächiger das Heim, desto mehr Komponenten gilt es miteinander zu verknüpfen und zu dirigieren, von der Fußbodenheizung über den Swimmingpool bis hin zur Alarmanlage.

Smartes Statussymbol. Die Experten beobachten dabei vier wesentliche Trends: Individuell soll es sein, einfach zu bedienen, ästhetisch und sicher. „Maßgeschneiderte Systeme sind gefragt", weiß Hofer. Die oft sehr persönliche und repräsentative Ausstattung der Immobilien, die den Lebensstil der Bewohner widerspiegelt, verlangt entsprechende Einzellösungen im IT-Bereich. Claudia Brandstätter vom Grazer Trendforschungsinstitut BMM: „Ein Smart Home ermöglicht, sich selbst über seinen Besitz anderen mitzuteilen." Das äußert sich oft in ausgefallenen Ideen. Lukas Staudinger vom Wiener Unternehmen Button, das kreative Smart-House-Konzepte erstellt, berichtet beispielsweise von einem Anwesen, bei dem sich die Bodenplatte des Swimmingpools automatisiert hebt und zur Tanzfläche über dem Wasser wird. Es gibt aber auch den Kühlschrank, der selbst feststellt, wann Lebensmittel zur Neige gehen, und einen Zustelldienst für den Nachschub beauftragt, sodass sich die Bewohner mit dem Thema Nahrungseinkauf gar nicht erst befassen müssen. Technisch machbar sei heute fast alles, es sei nur eine Frage des Preises, sagt Staudinger.

Ein zweiter Trend ist der Wunsch nach Einfachheit. „Die Kunden wollen eine einzige App, die sämtliche Geräte steuert", erklärt Florian Hofer. In diesem Punkt stoßen gerade Luxury Homes oft an die Grenzen, denn je mehr Geräte unterschiedlicher Hersteller miteinander in Einklang zu bringen sind, desto schwieriger wird diese Aufgabe. Dazu kommt: Die All-in-One-App soll möglichst viele Grundfunktionen voreingestellt haben und intuitiv zu bedienen sein. Besitzer von Luxusimmobilien zählen nämlich nur selten zu den Digital Natives, also zu jener jungen, hippen Community, die virtuell vernetzt aufgewachsen ist. Sie sind eher weniger technikaffin und wollen ihre Zeit auch gar nicht mit ausgeklügelten Tricksereien verbringen. Ihnen ist lieber, dass alles von allein läuft.

Diskret oder auffällig? Sehr wichtig ist auch das Design der Smart-Home-Komponenten. „Funktional, aber unauffällig", lautet das Motto. „Die Technik, die hinter einem umfangreichen Smart-Home-Konzept steht, benötigt Platz", weiß Spezialist Staudinger. Gut, dass Luxusimmobilien meist viel Platz bieten. So wird die Schaltzentrale bevorzugt in einem eigenen Raum versteckt.

Auch Einzelkomponenten werden gerne verborgen, wie etwa Lautsprecher in der Wandvertäfelung, die für Hintergrund-Soundscapes sorgen. Oder Schalter, wie jene des Smart-Tech-Spezialisten Gira, die sich für extrem flachen Einbau ohne hervorstehende Ecken und Kanten eignen. Dafür habe es bereits Designauszeichnungen gegeben, wie Volker Gagelmann von Gira Österreich stolz betont. Bernhard Adelmann vom steirischen Smart-Home-Spezialisten Evon kennt zwei Gruppen von Luxury-Home-Besitzern: „Die einen steuern die Anlage unauffällig übers Handy und sorgen damit bei Besuchern für einen Aha-Effekt, wenn alles scheinbar wie von Geisterhand funktioniert. Die anderen haben in jedem Raum unübersehbar große Tablets mit der Bedien-App an den Wänden, um zu demonstrieren, wie smart ihr Heim ausgerüstet ist."

Letztlich ist auch die Sicherheit ein Thema. Der Wiener Berufsdetektiv Robert Goliasch warnt vor billigen Systemen: „Auch Lösungen aus dem nächsten Baumarkt sind in der Lage, Geräte unterschiedlicher Hersteller in einer App zu vereinen. Dabei werden in der Regel jedoch die Sicherheitseinstellungen sehr weit heruntergefahren, um die Kommunikation aller Geräte untereinander zu ermöglichen." Goliasch rät, die Gerätevernetzung von Spezialisten eines Fachbetriebes durchführen zu lassen. Viele Luxury-Home-Besitzer legen aber ohnehin Wert auf namhafte Partner – auch wenn das ins Geld geht. Sie tragen wesentlich dazu bei, dass die Umsatzzahlen im Smart-Living-Bereich stark nach oben gehen. Das Statistikportal Statista bezifferte den österreichischen Markt im Vorjahr mit rund 235 Millionen Euro. In drei Jahren soll das Marktvolumen bereits 506 Millionen Euro betragen.

Cosy und komfortabel. Doch was leisten sich Luxury-Home-Besitzer um dieses Geld? Drei Einsatzbereiche sind ihnen laut Einschätzung der Experten besondere Anliegen: Sie verwenden Smart-Home-Lösungen vor allem zur Erhöhung des Wohnkomforts, als Möglichkeit zur Energieeinsparung sowie zum Einbruchschutz. „Im Komfortbereich ist bei Zweitwohnsitzen oder Urlaubsdomizilen eine Fußbodenheizung ,in‘, die sich schon am Tag vor dem Eintreffen der Bewohner einschaltet", berichtet Hofer. „Dann ist es bereits wohlig warm, wenn man kommt." Und analog zur unterschiedlichen Einrichtung bekommen die Zimmer immer häufiger auch unterschiedliche Klangteppiche. So hat, im Zusammenspiel mit entsprechenden Lichtstimmungen, jede Ecke des Hauses eine eigene Atmosphäre.

Kaum ein Luxury Home, das ohne solche „Ambientebeleuchtung" auskomme, bestätigt Martin Aigner von Lichtprojekt in Wien. LED-Leuchten sind so winzig, dass sie keine Lampe benötigen, sondern überall eingebaut werden können – auch versteckt, sodass man sie gar nicht sieht, sondern lediglich die von ihnen ausgehende Helligkeit und den Farbton wahrnimmt. Gesteuert wird das Licht über die Smart-Home-App. Kommt man beispielsweise am Abend müde nach Hause, taucht man die Couch in ein warmes abgedimmtes Orange und lässt die entfernteren Ecken des Raumes im Dunkeln entschwinden. Gerade bei Neubauten im Premiumimmobilienbereich werden professionelle Lichtplaner bereits von Anfang an mit eingebunden, um gemeinsam mit den Architekten die baulichen Voraussetzungen für die perfekte Beleuchtung zu schaffen, sagt Aigner.

Ökologisch und sparsam. Je größer das Heim, desto umfangreicher sind auch die Möglichkeiten, mithilfe der richtigen Smart-Home-Einstellungen Energiekosten zu sparen, erklärt Bernhard Adelmann von Evon – vor allem, wenn man eine Fotovoltaikanlage integriert hat: „Dann schaltet sich der Geschirrspüler automatisch ein, wenn die Solarzellen genügend Strom dafür liefern." Peter Gubisch vom Sonnenschutzsystemhersteller Schlotterer aus Adnet (Salzburg) berichtet von speziellen Lamellen, die, dem Sonnenstand folgend, im Gebäudeinneren für ideale Licht- und auch Klimabedingungen sorgen. „Damit wird Energie für künstliche Beleuchtung und im Sommer für die Kühlung der Räume gespart." Adelmann schätzt, dass eine perfekt eingestellte Smart-Home-Steuerung bei weitläufigen Objekten eine Energiekostenersparnis von bis zu 50 Prozent bringen könne.

Sind Kamera, Bewegungsmelder und Magnetkontakte integriert, schützen Smart-Home-Systeme zudem vor Einbrechern. Wichtig sei, so Detektiv Goliasch, dass jener Teil des Smart-Home-Systems, der die Alarmanlage steuert, eine verschlüsselte Datenübertragung und eine eigene App, getrennt von allen anderen Funktionen, verwendet. Licht- oder Heizungssteuerung bedienen sich nämlich oft unverschlüsselter Übertragungswege und bieten daher Angriffsfläche für Cyberattacken. Ein Hacker könnte die Alarmanlage außer Betrieb setzen, wenn sie auf derselben App läuft.

Volker Gagelmann von Gira Österreich ist überzeugt: „Smart Living wird unsere Wohnkultur in den nächsten Jahren maßgeblich verändern." Und für Trendforscherin Brandstätter steht sogar fest: „Das Vorhandensein einer Smart-Home-Lösung wird sich in den nächsten Jahren zu einem K.o.-Kriterium bei Immobilien entwickeln, vor allem bei jenen, die sich das Wohnen viel Geld kosten lassen wollen." 

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