Athen will IWF-Kredit frühzeitig zurückzahlen

Griechenlands Ministerpräsident, Alexis Tsipras.
Griechenlands Ministerpräsident, Alexis Tsipras.REUTERS
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Die Regierung nimmt derzeit lieber günstige Kredite auf dem Kapitalmarkt auf, als weiterhin auf teure Mittel des Internationalen Währungsfonds und die damit verbundenen strengen Kontrollen angewiesen zu sein.

Athen. Diesen Montag sandte die griechische Regierung ein ungewöhnliches Ansuchen an den europäischen Stabilitätsmechanismus (ESM): Griechenland will einen Teil seiner Schulden an den Internationalen Währungsfonds (IWF) vorzeitig zurückzahlen, konkret 3,7 Milliarden Euro aus Krediten, die 2019 und 2020 fällig werden. Insgesamt schuldet Griechenland dem Fonds noch etwa 9,3 Milliarden Euro. Vor einer Auszahlung des IWF müssten jedoch zuvor die Mitgliedstaaten des Rettungsschirms auf ihr Recht verzichten, ebenfalls vorzeitig ausgezahlt zu werden. Dass grünes Licht gegeben wird, ist wahrscheinlich; Klaus Regling, Direktor des ESM, hat Griechenland Anfang April sogar zu diesem Schritt ermuntert.

So wird also Griechenlands Ministerpräsident, Alexis Tsipras, im anlaufenden Europawahlkampf mit einigem Recht behaupten können, dass er doch noch geschafft hat, was er vor seinem ersten Wahlsieg 2015 versprochen hat: den Internationalen Währungsfonds als Aufpasser loszuwerden. Damals dürfte er sich das freilich anders vorgestellt haben, er träumte unter anderen von umfangreichen Schuldenerlässen.

Die Rolle des IWF wurde in Griechenland stets kritisch gesehen. Die Fehleinschätzungen des ersten radikalen Sparprogramms der Krisenjahre, die einen völligen Zusammenbruch der Inlandsnachfrage mitverursacht und die Arbeitslosenrate zeitweise bis auf 28 Prozent in die Höhe getrieben haben, wird vor allem dem Fonds in die Schuhe geschoben. Auch heute noch zählen die IWF-Experten zu den lautstärksten Kritikern der griechischen Regierung. Sie bestehen etwa auf der Durchführung einer für Anfang 2020 geplanten Senkung der Steuerfreigrenze – das sind Töne, die in Wahlzeiten weder die Linksregierung von Premier Tsipras noch die konservative Opposition hören möchte.

Budgetüberschuss als Polster

Doch die Griechen haben gute Argumente gegen die IWF-Sparmeister, denn der Richtungswechsel der Regierung Tsipras war aus der Sicht der Gläubiger erstaunlich erfolgreich: Laut den diese Woche veröffentlichten EU-Statistiken zum Schuldenstand der Mitgliedstaaten konnte Griechenland 2018 einen Budgetüberschuss von 1,1 Prozent erwirtschaften. Insgesamt schuf sich das Land in den Jahren 2016 bis 2018 aus den Überschüssen einen Liquiditätspolster von 13 Milliarden Euro – abgesehen von einem durch Kredite finanzierten zusätzlichen Polster der Gläubiger. Einen Teil dieser Überschüsse will man laut Finanzministerium nun zur Abzahlung der teuren Fondskredite verwenden. Selbst wenn die Summe letztlich lediglich umgeschuldet wird, rechnet sich die Aktion: IWF-Kredite im Wert von 5,6Milliarden Euro sind mit fünf Prozent überaus teuer verzinst, derzeit zahlt Griechenland, wie Finanzminister Euklid Tsakalotos zuletzt bestätigt hat, für auf den Anleihenmärkten aufgenommene Gelder um die 3,4 Prozent, für ESM-Kredite gar nur 1,5 Prozent Zinsen.

Diesen Trend will Griechenland zu einer weiteren Anleihenausgabe Anfang Mai nutzen. Dieses Jahr hat Athen bereits fünf Milliarden Euro auf internationalen Anleihenmärkten aufgenommen.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 25.04.2019)

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