Türkis-Blau gewährt nun doch Ausnahmen bei Heizkosten und Spenden, die Caritas hofft dennoch auf ein Nein der Abgeordneten zur Reform. Die SPÖ plant einen Misstrauensantrag gegen FPÖ-Chef Strache.
Der Nationalrat beschließt am heutigen Donnerstag das Aus für die bedarfsorientierte Mindestsicherung und die Rückkehr zur Sozialhilfe. Diese soll vor allem für Menschen mit vielen Kindern und schlechten Deutschkenntnissen empfindliche Einbußen bringen. Beschlossen wird zudem die "Rettung" defizitärer Biomasse-Anlagen. Bei einem ersten Versuch war die Koalition am Veto der SPÖ im Bundesrat gescheitert.
Die Reform der Mindestsicherung wurde zuletzt leicht verändert: Nach heftiger Kritik finden sich im türkis-blauen Abänderungsantrag nun doch Ausnahmen für die Gewährung von Heizkostenzuschüssen sowie von Spenden vor. So wird klar gestellt, dass freiwillige Zuwendungen grundsätzlich nicht auf die Sozialhilfe angerechnet werden. Die Ausnahme: Diese Leistungen werden bereits für einen ununterbrochenen Zeitraum von vier Monaten gewährt oder erreichen ein Ausmaß, sodass keine Leistungen der Sozialhilfe mehr erforderlich wären.
Ebenfalls festgeschrieben wird, dass Heizkostenzuschüsse nicht angerechnet werden. Zudem wird klar gestellt, dass diese Zuschüsse, die allein der Abdeckung von Heizkosten gewidmet sind, auch weiterhin als Geldleistungen erbracht werden können.
SPÖ plant Misstrauensantrag, Landau appelliert
Vor Beginn der Sitzung zeigte sich die SPÖ widerspenstig: Sie kündigte an, die Sitzung auch dafür nutzen zu wollen, einen Misstrauensantrag gegen FPÖ-Chef und Vizekanzler Heinz-Christian Strache einbringen zu wollen. Von Kanzler Sebastian Kurz (ÖVP) wünschen sich die Sozialdemokraten per "Dringlicher Anfrage" ein Bekenntnis zur Bekämpfung von Rechtsextremismus in all seinen Formen. Kurz weilt allerdings in China, bei der Beantwortung der "Dringlichen" wird ihn Strache vertreten.
Einen Appell an die Abgeordneten gab es indes von Caritas-Präsident Michael Landau. In einem offenen Brief bat er die Mandatare, dem neuen Sozialhilfe-Gesetz nicht zuzustimmen. In dem Schreiben warnte er neuerlich davor, dass dadurch Armut ver- und nicht entschärft würde. "Das Ziel jeder Reform muss sein, dass es den Menschen danach besser geht und nicht schlechter. Kinder- und Altersarmut müssen sinken, nicht steigen", schrieb Landau. Die ursprünglich geplanten Kürzungen für Menschen mit Behinderung und für ehemalige Strafgefangene oder der angedachte Abzug von Spenden seien zwar abgeändert worden, an den grundsätzlichen Problemen des Gesetzes ändere das aber nichts.
Statt Mindestbeträgen gibt es jetzt Höchstbeträge, statt einer Abdeckung der Lebenserhaltungs- und Wohnkosten nur mehr einen Beitrag dazu, so die Kritik. Zudem verschlechtere die geplante Sozialhilfe die Situation für kinderreiche Familien im Vergleich zur Mindestsicherung "massiv", so Landau: "Wer bei Kindern spart, spart an der Zukunft."
(Red./APA)