Kolumne

Am „verdeckten Arbeitsmarkt“ punkten

pexels
  • Drucken

Auf zum Traumjob. Folge 7. Stelleninserate und HeadhunterInnen stehen bei Änderungswilligen sehr hoch im Kurs. Bei der Stellenvergabe sind sie jedoch oft nur zweitrangig. Stellt sich die berechtigte Frage wie Traumjobs dann eigentlich vergeben werden?

Jeder, der schon einmal auf Jobsuche war, kennt wahrscheinlich die mittlerweile legendäre Tortengrafik zum „offenen“ und „verdeckten Arbeitsmarkt“. Sie besagt, dass in etwa zwei Drittel aller Positionen über den „verdeckten Arbeitsmarkt“, das heißt via persönliches Kontaktnetzwerk, also ehemalige Schul/Studien- und ArbeitskollegInnen, Freunde, Verwandte oder Bekannte, vergeben werden. Und hingegen nur ein Drittel über den „offenen Arbeitsmarkt“, also über herkömmliche Kanäle wie Internetplattformen oder Inserate in Tageszeitungen.

HeadhunterInnen kommt in dieser Urstudie der New/Outplacementberatung, dessen Herkunft allerdings bis heute für mich eher ein Mythos ist, mit drei Prozent eine nur marginale Bedeutung zu. In einer aktuellen und differenzierteren Untersuchung des Instituts für Arbeits- und Berufsforschung wird zwischen Klein-, Mittel und Großunternehmen unterschieden. Daraus geht hervor, dass die Klein- und Mittelständischen Unternehmen bis 250 MitarbeiterInnen ihre Neuzugänge zu 47% über Kontakte besetzen, während es bei den Großunternehmen ca. 32% sind.

Die Verteilung ist also genau umgekehrt. Hinzu kommen hier allerdings noch die Initiativbewerbungen mit ca. 10%, die ich persönlich auch noch dem „verdeckten Stellenmarkt“ zurechne. Die Wirkung von HeadhunterInnen fällt auch in dieser Studie mit 4% nur gering aus.

Warum ist der „verdeckte Arbeitsmarkt“ von Vorteil?

Der offensichtlichste Vorteil liegt naturgemäß in der Konkurrenzsituation. Am „offenen Arbeitsmarkt“ bewerben sich in der Regel hunderte BewerberInnen für ein und dieselbe Position mit ein und denselben Werkzeugen, also mit Lebenslauf und Motivationsschreiben.

Um in dieser grauen Masse hervorzustechen brauchen New/Outplacement-KundInnen daher schon sehr außergewöhnliche Bewerbungsunterlagen, bemerkenswerte Kompetenzen sowie einen dementsprechend interessanten Karriereverlauf. Das ist grundsätzlich möglich, allerdings mitunter recht schwierig. Ein weiterer entscheidender Vorteil am „verdeckten Arbeitsmarkt“ liegt jedoch vor allem darin, dass die Positionen oftmals noch gar nicht von den Unternehmen ausgeschrieben, ja im besten Fall noch gar nicht geschaffen wurden.

Demnach gibt es auch dann noch keine endgültige Jobbeschreibung. Dadurch haben BewerberInnen die Chance ihren Traumjob selbst zu mit zu kreieren, vorausgesetzt natürlich sie wissen haargenau was sie wollen. Darin steckt ein sehr hohes Traumjobpotenzial. Nicht zu vergessen sorgt eine ständige Erweiterung des eigenen Kontaktnetzwerkes für eine gewisse Zukunftssicherheit, sollte es mal zu ungewollten Perioden von Arbeitslosigkeit kommen, was noch ein zusätzlicher Vorteil ist.

Wie bewerbe ich mich am „verdeckten Arbeitsmarkt“?

Die beiden Schlüssel zum „verdeckten Arbeitsmarkt“ heißen erstens Networking und zweitens Zielfirmenliste plus Initiativbewerbung. Ersteres sollte im besten Fall ein fixer Bestandteil des tagtäglichen Arbeitslebens sein. Das Pflegen des persönlichen Kontaktnetzwerkes gehört zu einem erfolgreichen Karriereverlauf ganz einfach mit dazu.

Klassisch via Telefon, bei einem Mittagessen oder einem Kaffee am Nachmittag. Nicht zu vergessen Branchenveranstaltungen mit Entscheidungsträgern. Mittlerweile lässt sich auch über die sozialen Medien hervorragend netzwerken. Am schwierigsten fällt es meinen New/Outplacement-KundInnen jedoch im ersten Schritt überhaupt mal die Botschaft zu verbreiten, dass sie gerade auf Jobsuche sind. Das ist zum einen zwar verständlich, da Arbeitslosigkeit in unserer Gesellschaft nach wie vor ein Tabuthema ist.

Andererseits natürlich gerade in dieser Situation extrem kontraproduktiv. In diesem Fall ist es hilfreich einerseits an einem individuellen Wording zu arbeiten wie es dazu gekommen ist. Und dann natürlich mit der Aktivierung des Netzwerkes solange zu warten bis es eine konkrete Richtung gibt wie es weitergehen soll. Das Karriereziel sollte dann in Form einer Elevator-Pitch für Netzwerkveranstaltungen auch gut einstudiert werden. Das ist wichtig Networkinggespräche, telefonisch und persönlich. Das gibt die notwendige Sicherheit.

Die Zielfirmenliste plus Initiativbewerbung ist der zweite Schlüssel. Meine New/Outplacement-KundInnen recherchieren im ersten Schritt eine Wunschliste mit Unternehmen, für die sie gerne arbeiten möchten, ohne sich dabei in irgendeiner Weise einzuschränken. Die Liste kann dann im zweiten Schritt um Unternehmen erweitert werden, welche in den letzten Monaten online nach für sie interessanten Positionen gesucht haben.

Für Standard-Jobprofile kann eine derartige Zielfirmenrecherche im Internet auch schon automatisch durchgeführt werden. Fünfzig Unternehmen mit den jeweiligen AnsprechpartnerInnen sollten sich schon auf der Liste finden. Dann kann mit dem Versand der Initiativbewerbungen begonnen werden. Das ist allerdings nur der erste Schritt! Die eigentliche Netzwerkarbeit beginnt erst jetzt und zwar mit dem Nachfassen. Ein Teilziel der ganzen Kampagne ist nämlich immer auch die Erweiterung des persönlichen Netzwerkes. Für sehr viele New/Outplacement-KundInnen kostet dieser Schritt die größte Überwindung, da er sehr oft auch mit Ablehnung verbunden ist.

Meinen New/Outplacement-KundInnen gebe ich die sogenannte Championsformel an die Hand. Die kommt aus dem Vertrieb und es geht darum sich die Anzahl der Absagen auszurechnen, die es braucht, um zu einen relevanten Kontakt zu ergattern. Das kann in diesem Fall allerdings auch schon ein kurzes Telefongespräch mit dem jeweiligen Entscheidungsträger plus Vernetzung via social media sein. Es geht also darum zu verinnerlichen, dass jede Absage einen Schritt näher in Richtung Ziel bedeutet. Zugegebenermaßen braucht es dann zusätzliche Unterstützung von Seiten des New/Outplacemenberaters dabei mit einem wildfremden ein Gespräch zu beginnen. Übung macht hier nicht nur den/ie Meister/in, sondern im besten Fall den eigenen Traumjob.

Gutes Gelingen!

Michael Hanschitz
Michael Hanschitz(c) Marek Knopp

Michael Hanschitz ist seit nunmehr 15 Jahren als New/Outplacementberater, Autor und Karrierecoach tätig. Er ist Gründer des Beratungsunternehmens Outplacementberatung (www.outplacementberatung.co.at) und Autor des Buches Menschen fair behandeln. Mit seiner Arbeit unterstützt er Menschen und Organisationen in schwierigen Veränderungsprozessen. Beraten mit Herz und Verstand lautet seine Devise.

Lesen Sie mehr zu diesen Themen:

Mehr erfahren

Start zum Traumjob
Kolumne

Das Starten will gelernt sein – auch im Traumjob!

Auf zum Traumjob. Folge 12. Warum es für einen guten Start einen guten Abschied braucht.
Kolumne

Den Traumjob vor lauter Ideen nicht sehen

Auf zum Traumjob. Folge 10. Das Leben in unserer arbeitsteiligen Gesellschaft bringt nicht nur Vorteile mit sich.
Kolumne

Wenn Ängste dem Traumjob im Wege stehen

Auf zum Traumjob. Folge 9. Der Weg zum Traumjob ist keine gerade Linie, sondern verlangt oft auch das wir uns mit unseren Ängsten auseinandersetzen. Gerade aus der Arbeitslosigkeit heraus fällt es schwer mit Ruhe und Besonnenheit den eigenen Weg zu gehen und einen guten Umgang mit seinen Ängsten zu finden.
Kolumne

Der Anfang vom Ende des Lebenslaufes

Auf zum Traumjob. Folge 8. Die technologische Entwicklung verändert auch die Art und Weise wie wir uns in Zukunft bei einem Unternehmen bewerben werden. Große, vor allem technologieaffine Konzerne geben hier den Takt vor. Das betrifft natürlich auch die klassischen Bewerbungsunterlagen wie Lebenslauf und Anschreiben. Zalando beispielsweise hat den klassischen Lebenslauf bereits abgeschafft und setzt im Bewerbungsprozess zu 100% auf Social Media Profile wie Xing oder LinkedIn.
Kolumne

Wenn die Familientradition dem Traumjob im Wege steht

Auf zum Traumjob. Folge 6. Unsere Karriere wird sehr oft durch das Aufwachsen in unserer Familie mitbestimmt. Das ist per se nicht schlecht, jedoch bleibt dabei so manches im Verborgenen.

Dieser Browser wird nicht mehr unterstützt
Bitte wechseln Sie zu einem unterstützten Browser wie Chrome, Firefox, Safari oder Edge.