Bitte um Vorsicht, der Boden ist uneben

Es ist schön, am Leben da draußen teilzuhaben.

Seit die Gemeinschaftsküche mit Zetteln vollgepflastert ist, auf denen vor „unebenem Boden“ gewarnt wird, muss ich jedes Mal stolpern. Bisher hat man die Beschaffenheit des Bodens gar nicht registriert oder sie so geschickt gemeistert wie die anderen täglichen Prüfungen des Großraumbürodschungels. Da muss man in Schlangenlinien um Schreibtische und wahllos abgestellte Drehsessel eilen, über Kabel, ausgezogene Schuhe und andere unvermutete Objekte steigen und gleichzeitig Wurfgeschossen ausweichen.

Für die vermeintlichen Geschosse ist der starke Windstoß verantwortlich, die Fenster sind weit geöffnet. Bei guter Luft lässt es sich gut arbeiten. Die davongeflatterten Unterlagen kann man ja auch später (oder nie) einsammeln. Draußen wird gehämmert, gesägt und geschleift, seit Tagen schon entsteht hier der am liebevollsten hergerichtete Schanigarten der Stadt. Es ist schön, am Leben da draußen teilzuhaben. Noch schöner wäre es, wenn die Arbeiten bald beendet sind. Auch die Handwerker selbst sind schon am Fluchen, vor allem, weil dauernd etwas runterfällt.

Die Geräusche einer Stadt werden umso deutlicher, wenn man zuvor ein paar Tage in der Natur verbracht hat. Hier war es zwar auch recht laut, aber Feuerwehr, Traktoren, Rasenmäher und die samstägliche Zwölf-Uhr-Sirene (die auch als Erinnerung an die Lagerhaus-Sperrzeit verstanden wird) traten hinter Vogelgezwitscher und Hundegebell zurück.

Besonders eifrig war auch der Specht bei der Sache, und das enthusiastische Tok-tok-tok aus der Ferne erinnert einen daran, dass man noch nie einen Specht beim Klopfen gesehen hat, immer nur gehört. Alles mögliche Exotische ist einem schon unter die Augen gekommen, aber das Naheliegende nicht. Was die Zukunft bringen soll: einen Specht zu sehen.

Der Boden wird übrigens in Kürze repariert.

E-Mails an: friederike.leibl-buerger@diepresse.com

("Die Presse", Print-Ausgabe, 26.04.2019)

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