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Mangelberufe

So sexy ist kein anderer Job

Marin Goleminov
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In den EU-Ländern fehlen rund 770.000 Datenspezialisten, sagen aktuelle Zahlen. Sie werden gebraucht, um Daten zu analysieren und strategische Entscheidungen zu erleichtern.

Das angesehene Fachmagazin „Harvard Business Review“ hat sich bewusst weit hinausgelehnt, als es „Data Scientist: The Sexiest Job of the 21st Century“ titelte. 2012 war das. In Österreich konnten damals nur wenige damit etwas anfangen. Heute ist das anders. Heute weiß man auch hier nach Erhebungen des Marktforschungsinstituts IDC, dass allein bis 2020 in den Ländern der Europäischen Union 770.000 Stellen für Datenspezialisten unbesetzt sein werden.

Was es für sie zu tun gibt, umreißt Andreas Rauber, Professor im Forschungsbereich Information und Software Engineering der TU Wien: Unternehmen sammeln jede Menge Daten. Datenspezialisten verwalten die Daten, führen sie zusammen, analysieren und visualisieren sie, mit dem Ziel, aus den Daten Wissen zu extrahieren und das Geschehen, die Strategie eines Unternehmens mitzugestalten. Die spannende Aufgabe dabei sei, sagt Rauber, „die Fragestellung richtig zu formulieren“. Was so selbstverständlich klingt, ist in der Praxis oft gar nicht so einfach zu bewerkstelligen.

Entsprechend hoch sind die Anforderungen an gute Datenspezialisten, sagt auch Marcus Hudec, Professor an der Fakultät für Informatik an der Universität Wien.

Sie beherrschen

analytisches Denken und haben in der Regel Informatik, Mathematik, Statistik oder Wirtschaft studiert. Sie sind offen für

Interdisziplinarität, denn sie müssen unter anderem die betriebswirtschaftlichen Zusammenhänge im Unternehmen verstehen, gleich, für welche Branche und welchen Bereich im Unternehmen sie als Datenspezialisten tätig sind. Sie haben den

Blick auf/für das große Ganze. Und sie bringen

Erfahrung mit. „Das Handwerk kann man lernen“, sagt Rauber, „wichtig ist, ein Gefühl für die Daten zu entwickeln“. Bei aller Präzision wohlgemerkt.Und sie sind

Übersetzer der Analyseergebnisse, die schließlich in Entscheidungen und in Geschäftsmodelle einfließen sollen.

Die Anforderungen sind so breit gefächert, dass große Unternehmen Teams einrichten, um alle benötigten Kompetenzen abzudecken, sagt Hudec, der im Oktober zum 15. Mal die Predictive Analytics Konferenz in Wien organisiert (www.predictive-analytics.at).

Tatsächlich gibt es derzeit keine Branche, die nicht nach Datenspezialisten sucht. „Jedenfalls alle, die Digitalisierung betrifft“, sagt Rauber. Von der Finanzwirtschaft über die Gaming-Industrie oder Medizin bis zum Handel. Dabei, sagt Rauber, seien es keineswegs nur die großen Unternehmen, die auf dem Arbeitskräftemarkt suchen.

Auch kleinere und mittlere Unternehmen (KMU) suchen. Das zeigt sich etwa beim Innovationslehrgang Data Science und Deep Learning von TU und Donau-Uni Krems. „KMU arbeiten oft sehr spezialisiert und liefern die Lösungen für größere Unternehmen.“

Für KMU ist es allerdings noch schwieriger, an gute Leute zu kommen, denn die Gehälter liegen im Schnitt jenseits der 50.000 Euro. Das nährt Befürchtungen, der Markt könnte überhitzen.

Auch ein „Offshoring“, wie es in anderen Teilen der IT-Jobs gemacht werde, sei angesichts der angesprochenen Übersetzungsaufgaben kaum möglich: „Datenspezialisten müssen an der Domäne dran sein“, sagt Rauber.

Frauenanteil: 20 Prozent

Ein wenig Abhilfe können die neuen Studiengänge schaffen. Das jüngste Masterstudium in diesem Bereich bietet seit vergangenem Herbst die TU Wien an. Bemerkenswert ist, dass der Frauenanteil bei rund 20 Prozent liegt, der internationaler Studenten bei 40 Prozent. Ausbildungen bieten unter anderem die WU Wien, die Universitäten Wien, Linz und Salzburg, die Fachhochschulen Oberösterreich, Wr. Neustadt, Kufstein, Joanneum, IMC Krems und St. Pölten an.


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("Die Presse", Print-Ausgabe, 27.04.2019)