Thielemann und eine kurzweilige Ewigkeit

Christian Thielemann
Christian ThielemannAPA/HANS PUNZ
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Jubel für die Philharmoniker mit Bruckners Zweiter und einer Novität.

Es hat eine Weile gedauert, in mehrerlei Hinsicht. Zum einen erweisen sich im Fall der frühen Symphonien Anton Bruckners die philharmonische Aufführungspraxis und damit auch die greifbaren Tondokumente als nicht so reichhaltig, wie es wünschenswert wäre: Hätte nicht Riccardo Muti 2016 in Salzburg die Zweite geleitet (der Mitschnitt wurde veröffentlicht), müsste man in den Annalen bis 1973 zurückblättern, um auf eine offizielle Produktion der Wiener Philharmoniker dieses Werks zu stoßen. Wenn sie nun unter Christian Thielemann eine Gesamtaufnahme der Bruckner-Symphonien angehen, ihre erste mit einem einzigen Dirigenten, dann ist das gewiss ein Meilenstein in der von gegenseitiger Hochachtung geprägten Zusammenarbeit.

Zum anderen funktioniert das kollektive Orchestergedächtnis bei den späteren Werken verlässlicher als bei der Zweiten. Und so dauerte es auch an diesem Sonntagvormittag (mit der Zweitfassung von 1877) ein Weilchen, bis ein gewisses Fremdeln dem Notentext gegenüber abgestreift werden konnte. War also der Stirnsatz noch von einigen Irritationen geprägt, blühte der richtige Bruckner-Ton dann im Andante auf, wo die Streicher mit ihrem Espenlaub aus Duolen, Triolen und Quintolen die sakrale Bläserfeierlichkeit umzittern, und er feierte Kirtag im federnden Ingrimm des Scherzos. So richtig Blut geleckt schienen Thielemann und die Philharmoniker dann im Finale zu haben, dessen emotionale Wechselbäder und organische Steigerungen mit musikdramatischer Schlagkraft inszeniert wurden.

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