Deutsche Kanzlerfrage: Was plant AKK?

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Die neue CDU-Chefin lädt nach der EU-Wahl überraschend zu einer Klausur. Das nährt wieder einmal Spekulationen. Zumindest eine kleine Regierungsumbildung wird es in Berlin geben. Allerdings bei der SPD.

Berlin. Seit dem Verzicht Angela Merkels auf den CDU-Vorsitz herrscht in Berlin permanente Nervosität. Seither geistert die Frage durch die Hauptstadt, wann Merkel die andere Hälfte ihrer Macht, die Kanzlerschaft, abgeben wird. Das späteste Datum ist der Herbst 2021, das Ende dieser Legislaturperiode.

Am Montag kündigte die neue CDU-Chefin Annegret Kramp-Karrenbauer (AKK) überraschend eine außerplanmäßige Klausur an. Und sofort wurde wieder spekuliert: Wechselt die CDU vor den Wahlen in Ostdeutschland im Herbst einige Minister aus? Oder endet die Ära Merkel nach 13 Jahren?

Wenige Tage vor der Klausur am 2. und 3. Juni in Berlin will Merkel eine Rede an der ehrwürdigen Harvard-Universität in den USA halten. Nach Angaben der Tageszeitung „Die Welt“ könnte es die letzte große internationale Rede der Kanzlerin sein. Noch lässt sich aus den Umfragen aber keine Sehnsucht der Deutschen nach einem raschen Wechsel im Kanzleramt ablesen. Eine Mehrheit will, dass Merkel bis zum Ende der Legislaturperiode Regierungschefin bleibt. Und Kramp-Karrenbauers Beliebtheitswerte haben zuletzt gelitten. Am Montag fiel die CDU in einer Umfrage auf 27 Prozent – der schlechteste Wert seit AKKs Wahl zur Parteichefin. Aber die gegenwärtige Schwäche der CDU könnte eben auch daran liegen, dass Kanzleramt und Parteivorsitz nicht in einer Hand sind.

Nur schlechte Optionen

Greift Kramp-Karrenbauer nach dem Kanzleramt, würde das die SPD vor zwei Optionen stellen. Beide sind unangenehm. Wählt man AKK zur Regierungschefin, könnte die CDU-Chefin mit Kanzlerbonus in die nächste Wahl ziehen und davor in der zweiten Hälfte 2020 den deutschen EU-Vorsitz als Bühne nutzen. Bisher schließen viele in der SPD das aus. Im Fall von Neuwahlen aber drohen die Genossen hinter den Grünen zu landen; es wäre eine Schmach.

Einen Ausweg würde ein fliegender Wechsel in eine schwarz-gelb-grüne Jamaika-Koalition unter AKK bieten. Die FDP stünde bereit. Die Grünen sind auch angesichts ihres Höhenflugs in den Umfragen sehr skeptisch. Offiziell stehen Personalia gar nicht auf der Agenda der Klausur, sondern das Arbeitsprogramm für die zweite Jahreshälfte. Die Wirtschaft schwächelt: Die CDU könnte Maßnahmen zur Stärkung der Konjunktur fordern. Denn zur Halbzeit im Herbst, vielleicht auch früher, kommt die Koalition auf den Prüfstand.

Es gibt auch Wackelkandidaten unter den CDU-Ministern. Wirtschaftsminister Peter Altmaier hat es sich mit dem Mittelstand verscherzt. Verteidigungsministerin Ursula von der Leyen kämpft mit dem Sanierungsfall Bundeswehr und einer Berateraffäre.
Der Europawahl wird gewiss eine kleine Regierungsumbildung folgen: SPD-Justizministerin Katarina Barley zieht als Spitzenkandidatin in die Europawahl und danach nach Straßburg.
Im Falle einer dramatischen Niederlage der SPD bei der EU-Wahl und einem zeitgleichen Machtverlust im kleinen, seit 70 Jahren rot regierten Bremen könnten die Fliehkräfte an der Basis aber nicht mehr zu bändigen sein - und die GroKo als Ganzes wackeln.

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