„Ein letzter Job“: Ach, die alten Gauner

Altstars als alte Kriminelle (in der Mitte: Michael Caine) im Film „Ein letzter Job“.
Altstars als alte Kriminelle (in der Mitte: Michael Caine) im Film „Ein letzter Job“.Studiocanal
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Einer Pensionistengang gelang 2015 ein gewaltiger Einbruch. Eine neue Verfilmung ist nicht der große Coup.

Da sitzen sie um den Tisch, packen Sandwiches aus, schmieren sich Salbe auf die Gelenke, tauschen sich über Krankheiten aus („Bist du auch Typ zwei?“) – und freuen sich auf ihren nächsten Überfall: Es ist der größte Schmuckraub der britischen Geschichte, den James Marsh unter dem Titel „Ein letzter Job“ – im Original: „King of Thieves“ – verfilmt hat.

Am Osterwochenende 2015 brach eine Bande ins Hatton Garden Safe Deposit, einen unterirdischen Tresor in Londons Juweliersbezirk, ein und stahl Geld und Diamanten im Wert von zig Millionen Pfund – wie viel es genau war, weiß man nicht, weil nicht alle Opfer offenlegen wollten, was in ihren geplünderten Fächern so drin lag. Experten spekulierten, dass es sich bei den Räubern um eine hochprofessionelle Bande aus dem Ausland handle, die ihre Beute schon längst außer Landes geschafft habe. Tatsächlich steckte hinter dem Coup eine Gruppe gebrechlicher Pensionisten, die das Diebsgut teils im Küchenschrank verwahrte und im Pub laut mit ihrer Tat prahlte.

Was für eine Geschichte! Verfilmt wurde sie schon mehrmals, Marsh schildert penibel den Tathergang – und konzentriert sich besonders auf die persönlichen Nöte der Senioren, die von britischen Altstars verkörpert werden, darunter Michael Caine, Jim Broadbent, Tom Courtenay und Michael Gambon. Die Botschaft: Auch Gauner werden im Alter einsam, müde und grantig. Sie haben Freunde und Familie verloren, sie hadern damit, nicht mehr so flink und gefürchtet zu sein wie früher, sie fühlen sich als Kriminelle der alten britischen Schule abgelöst von Hightech-Gangstern – und stecken alle Hoffnung in einen Plan, der die gute alte Zeit wieder herzaubern soll.

Schwindel und Inkontinenz

Wie sie da ihre gesammelte analoge Einbrechererfahrung einsetzen, um der modernen digitalen Welt zu trotzen, ist durchaus unterhaltsam – zumal Marsh den Überfall selbst spannend inszeniert hat. Danach verliert der Film an Tempo und Reiz; ein Großteil der Zeit ist dem Aufteilen der Beute und den unbeholfenen Intrigen der Männer gewidmet, die einander und ihren jungen Sidekick (Charlie Cox) hintergehen. Dabei verkommen sie allmählich zu jämmerlichen Karikaturen, deren Gebrechen allzu freudig ausgestellt werden. Über „leichten Schwindel“ klagt Terry (Broadbent), als sie gerade die Wand zum Tresorraum durchbohren wollen, eine schnelle Insulinspritze in den Hintern richtet's. Es bleibt nicht bei dem Gag, munter wird mit geriatrischen Diagnosen herumgeworfen, Narkolepsie, Hörschwäche, Inkontinenz, ach wie lustig . . .

Bei aller Konzentration aufs Originale fehlt dem Film das Originelle. Hin und wieder streut Marsh schwarz-weiße Szenen aus alten Filmen ein, in denen dieselben Darsteller, noch in jugendlicher Blüte, Gauner und Betrüger spielten (etwa Caine in „Charlie staubt Millionen ab“). Erfahrung mit krummen Dingern haben diese Altstars ja. Möge ihr wirklich letzter Job erfolgreicher sein.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 30.04.2019)

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