Die Staatsanwaltschaft forderte die Vernichtung der Gesangsbücher, die Burschenschaft „Germania“ protestierte. Nun urteilte das Bezirksgericht Wiener Neustadt.
Die Affäre um NS-verherrlichende Liedertexte der Burschenschaft "Germania" ist am Bezirksgericht Wiener Neustadt endgültig beendet worden. Die Staatsanwaltschaft hatte die Vernichtung der Gesangsbücher gefordert, die Germania hatte sich dagegen ausgesprochen. Das Bezirksgericht entschied, dass die Seiten mit antisemitischen Texten entfernt werden, wurde am Dienstag ein Ö1-Bericht bestätigt.
Am Montagvormittag schnitt der Obmann der "Germania" bei einer Tagsatzung - in Anwesenheit eines Vertreters der Staatsanwaltschaft Wiener Neustadt und unter Aufsicht einer Richterin - die inkriminierten Seiten der 19 beschlagnahmten Liederbücher heraus, sagte "Germania"-Anwalt Michael Dohr im Ö1-Mittagsjournal. Die Tagsatzung endete mit dem Beschluss, dass die Liederbücher wieder an die Burschenschaft übergeben werden. Birgit Borns, Sprecherin des Landesgerichts Wiener Neustadt, bestätigte den Bericht.
Gericht stellt Schere zur Verfügung
Die Schere zum Entfernen der Seiten wurde vom Gericht zur Verfügung gestellt. Die Sprecherin begründete dies damit, dass keiner der Geladenen eine Schere mitbringen sollte. An Gerichten herrscht Waffenverbot.
Die Liedertexte waren Anfang 2018 vor der niederösterreichischen Landtagswahl bekannt geworden. Bei einer Hausdurchsuchung wurden Gesangsbücher mit geschwärzten Passagen beschlagnahmt. Die Staatsanwaltschaft Wiener Neustadt leitete Ermittlungen gegen vier Personen ein, die im August des Vorjahres eingestellt wurden.
Der FPÖ-Spitzenkandidat im niederösterreichischen Wahlkampf, Udo Landbauer, der vorübergehend stellvertretender Obmann der Burschenschaft war, war vier Tage nach der Landtagswahl zurückgetreten. Er wurde in dem Ermittlungsverfahren als Zeuge geführt und kehrte nach Einstellung der Ermittlungen wieder in die Politik zurück. Ein Auflösungsverfahren gegen die "Germania" wurde von der St. Pöltner Vereinsbehörde heuer eingestellt.
Auf einen Blick
Ein 300 Seiten starkes Liederbuch der Verbindung "Germania zu Wiener Neustadt“ enthielt unter anderem die Zeilen: "Da trat in ihre Mitte der Jude Ben Gurion: ,Gebt Gas, ihr alten Germanen, wir schaffen die siebte Million.'" Und an anderer Stelle: "Da schritt in ihre Mitte ein schlitzäugiger Chines': 'Auch wir sind Indogermanen und wollen zur Waffen-SS.'“ Publik wurde das Buch bzw. die darin befindlichen Texte im Landtagswahlkampf in Niederösterreich 2018.
Udo Landbauer, damals FPÖ-Spitzenkandidat und Mitglieder der Germania, beteuerte, von den Texten nichts gewusst zu haben, trat allerdings von allen politischen Funktionen zurück. Im Februar 2019 wurde bekannt, dass der Freiheitliche als Gemeinderat in die Wiener Neustädter Kommunalpolitik zurückkehrt. Der geschäftsführende Landes- und Klubobmann der FPÖ Niederösterreich übernahm bei der Sitzung am 18. Februar das Mandat von Dietmar Seiser.
(APA/Red. )