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"Game of Thrones" Staffel acht, Folge vier: Abschiede und Allianzen

Game of Thrones - Das Lied von Eis und Feuer
Game of Thrones - Das Lied von Eis und Feuer(c) HBO/Sky (Helen Sloan)
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Auch "The Last of the Starks" hat Überlänge. Trotzdem bleibt wenig Zeit zum Luftholen. Die Serie testet die Loyalität ihrer Zuschauer.

Spoiler-Warnung: In diesem Episodenblog wird die Handlung der jeweils beschriebenen "Game of Thrones"-Folge verraten.

Nach der Schlacht ist in "Game of Thrones“ vor der Schlacht. "The Battle of Winterfell" ist geschlagen, der Night King besiegt, und trotzdem stehen am Ende der 74 Minuten langen Folge "The Last of the Starks" die Zeichen wieder auf Gemetzel.

Ice versus Fire

Dabei geht es in der erstaunlich mittelmäßigen Folge, bei all dem Geplänkel, den vielen Dialogen eigentlich nur um eines: "The Last of the Starks" testet die Loyalität seiner Zuschauer. George R.R. Martins Vorlage heißt "A Song of Ice and Fire". Ich habe immer gedacht, das beziehe sich auf Daenerys und Jon - und auf eine mögliche Liebe zwischen den beiden. Nun lieben sie einander, aber der Song klingt derzeit ganz und gar nicht nach Liebeslied, sondern eher nach Trauermarsch. "Ice versus Fire" und am Ende bleibt nur eine(r) übrig.

Die Allianzen verschieben sich, nicht nur Varys und Tyrion, auch der Zuschauer stellt sich die Frage: Soll Jon über die Sieben Königreiche von Westeros herrschen statt Daenerys? Hat sie zuviel von ihrem Vater, dem "Mad King", in sich? Was und wen würde sie opfern, um ihre Bestimmung zu erfüllen, die Menschen zu befreien - und um an die Macht zu gelangen? Wäre Jon Snow aka Aegon Targaryen der bessere Herrscher, weil er die Herrschaft gar nicht anstrebt? Würden sich die Zuseher schlagen, die mit beiden seit Staffel eins mitfiebern, wirklich von Daenerys abwenden? Und wenn ja, was braucht es dafür? Mehr, als David Benioff und D.B. Weiss bislang liefern.

Obwohl ich Jon schätze, habe ich Einwände gegen ihn als König: Er ist ein Kämpfer, der es versteht, Männer und Frauen hinter sich zu vereinen - zumindest angesichts einer Bedrohung. Aber könnte er ein Land führen, auch in Friedenszeiten? Würde er nicht allzu bald Opfer von Intrigen, wie damals an der Wall? Oder wäre ihm fad wie Robert Baratheon? Letzteres glaube ich nicht, er könnte ein guter König sein - jedenfalls, solange er Sansa an seiner Seite hat. Seine Ziehschwester versteht viel mehr von Politik als er.

Auch Daenerys wäre eine gute Herrscherin, zumindest war sie es oder hat es ehrlich versucht. Aber ich werde das Gefühl nicht los, dass sie am falschen Kontinent ist. In Essos haben die Menschen sie geliebt und sie konnte sie hinter sich vereinen. Auf Westeros hat sie bloß einen einzigen Verbündeten dazugewonnen, Jon Snow (der sie für den Kampf gegen die White Walker brauchte). Es ist wahrscheinlich kein Zufall, dass die Stapel der Toten vor Winterfell den Pyramiden von Meereen ähneln, wo Daenerys bessere Zeiten erlebt hat.

Die Toten werden verbrannt

Mit diesen Toten beginnt die Folge - schön langsam, bevor es wieder schnell, sehr schnell geht, wie schon seit Staffel sieben. Vor den Burgmauern von Winterfell trauern zwei Frauen um zwei Männer, Königin Daenerys um Jorah Mormont, Sansa um Theon Greyjoy. Auch die anderen sehen wir noch einmal: Dolorous Edd von der Night's Watch, Lyanna Mormont, Beric Dondarrion. Die Toten werden tatsächlich verbrannt, gut so. Die Abschiedsworte, die Jon spricht, erinnern an ein Gebet: Sie starben, damit andere leben können. Die Lebenden stünden für immer in ihrer Schuld.

Game of Thrones - Das Lied von Eis und Feuer
Game of Thrones - Das Lied von Eis und Feuer(c) HBO/Sky (Helen Sloan)

Für Trauer bleibt nicht viel Zeit (wie für so vieles). Die Asche ist noch nicht kalt, schon tauchen die alten, für den gemeinsamen Kampf überwundenen Differenzen wieder auf. Das wird schon am Leichenschmaus/Siegerfest deutlich. Die Blicke, die Sansa und Daenerys einander zuwerfen! Wie sagt Tyrion: "We may have defeated them, but we still have us to contend with ..." Ja, das große Streiten um den eisernen Thron geht weiter.

Dabei wäre wir noch gerne ein bisschen länger am Fest geblieben, hätten auf "Arya Stark, the hero of Winterfell" angestoßen, mit Tormund Giantsbane Loblieder auf Jon gesungen ("Who climbs a dragon? A madman or a King!" Böse Blicke von Daenerys), mit Tyrion, Podrick, Jaime und Brienne Wahrheit-oder-Trink gespielt (und hätten vielleicht endlich Pods Sex-Geheimnis enthüllt).

Jaime und Brienne

Ein schönes Fest, sogar mit Liebeleien. Der von Daenerys frisch zum Lord erhobene Gendry jetzt Baratheon macht Arya einen Heiratsantrag, den sie freilich (so sanft wie möglich) ablehnt. Zwar bricht Tormunds Herz, als Brienne geht, aber Jaime (der hat immerhin eine Hand für sie verloren) schleicht sich in ihr Zimmer und endlich darf Brienne ihn vernaschen. Eine zarte Szene für diese Liebe, die sich nicht traut, richtig zu erblühen. Am Ende der Folge wird sich Jaime wieder Richtung Cersei verabschieden. Um was zu tun? Man weiß es nicht.

Spätestens mit der Szene zwischen Jon und Daenerys endet das Nachgeplänkel der großen Schlacht. Daenerys hat recht: Es ist egal, was er schwört und dass er den Thron nicht haben will. Er hat Anspruch darauf. Und wenn er diesen nicht erhebt, werden es andere für ihn tun. Dass die beiden heiraten und gemeinsam herrschen könnten, scheint abwegig. Die Tante als Ehefrau, das würde der Norden nicht akzeptieren, glaubt Tyrion.

Es spricht sich in der Folge herum, wer Jons Eltern sind. Arya und Sansa erfahren es als Erste. "The Last of the Starks": Jon gehört nicht dazu. Sansa nimmt ihren Schwur, es nicht weiterzuerzählen nicht ernst. Sie sagt es Tyrion, der sagt es Varys und der sagt: Bald weiß es die ganze Welt. Und egal, wie oft Tyrion sein Mantra wiederholt, dass er an seine Königin glaube: Ein bisschen Angst hat er auch vor ihr, das erkennt Sansa ganz richtig.

Game of Thrones - Das Lied von Eis und Feuer
Game of Thrones - Das Lied von Eis und Feuer(c) HBO/Sky (Helen Sloan)

Bevor es darum geht, den Eisernen Thron zu erobern (wer auch immer dann darauf sitzen wird), gibt es noch Abschiede: Sam und die schwangere (!) Gilly bleiben in Winterfell, Tormund Giantsbane bringt das Free Folk wieder in den Hohen Norden - und auch Ghost, der Jon irgendwie sehnsüchtig hinterherschaut. Ich hätte mir mehr Wolf für die Serie gewünscht.

Schon wieder stirbt ein Drache

Eines muss ich auch wiederholen: Die Machthaber sollten mehr auf Sansa hören. Sie hat empfohlen, dass sich die kampfesmüden Truppen noch ein wenig ausruhen. Aber nein, Daenerys will ihren Thron und setzt sich damit durch. So geraten sie in eine Falle. Ist das wieder Jons Plan, der da scheitert? Er sollte echt nicht das Kommando haben. Und wie schafft es Euron Greyjoy schon wieder, sich mit seiner Megaflotte zu verstecken? Egal. Daenerys Truppen werden weiter reduziert.

Es war kein Zufall, dass uns Qyburns Drachenabwehr-Waffe namens Skorpion beim Vorspann jedes Mal gezeigt wird. Inzwischen gibt es Dutzende davon, und Euron trifft Rhaegal, der ins Meer stürzt und vermutlich tot ist. Ich hasse es, wenn Drachen sterben. Fast so schlimm wie die vielen Kindertode.

Game of Thrones - Das Lied von Eis und Feuer
Game of Thrones - Das Lied von Eis und Feuer(c) HBO

Missandei letztes Wort

Und von denen werden wir in der kommenden Folge vermutlich einige sehen. Cersei hat die Burg Red Keep mit Menschen gefüllt, um Daenerys davon abzuhalten, sie mit Waffengewalt zu stürmen. Sie hat Missandei gefangen genommen und tötet sie vor den Augen der konkurrierenden Königin. Die Löwin will den Drachen aus der Reserve locken. Tyrions Verhandlungsversuch hat nichts gebracht, Cersei wird sich nicht ergeben. Man kann es Cersei nicht verdenken: das, was von Daenerys Truppen übrig ist, das ist bei Weitem keine Übermacht mehr. Das sieht nach einer kleinen, durchaus besiegbaren Truppe aus.

Was ist das letzte Wort von Missandei, der Frau, die so viele Sprachen spricht? "Dracarys". Das Kommando, das Daenerys ihren, nein ihrem Drachen gibt, wenn er Feuer speien soll. Ich wünschte mir, Daenerys würde besonnen reagieren. Aber ich fürchte, sie wird tun, was ein Raubtier immer tut, wenn es provoziert wird: angreifen.

Game of Thrones - Das Lied von Eis und Feuer
Game of Thrones - Das Lied von Eis und Feuer(c) HBO/Sky (Helen Sloan)

Auffälliges:

Die Frauen kommen nicht gut weg in der Folge: Ritterin Brienne, die Jaime anfleht, bei ihr zu bleiben, die Diskussion zwischen Tyrion und Varys (ausgerechnet) über die Vorteile eines "cocks" am Thron, und am Ende zwei unnachgiebige, sture, machthungrige Frauen, die einander abschlachten wollen.

Die Szene mit Bronn wirkte seltsam: Er kam aus dem Nichts, lässt sich statt Riverrun (die Heimatburg von Catelyn Stark) Highgarden (ehemals Familiensitz der Tyrells) versprechen und haut wieder ab?

Das Duo Hound/Arya ist ein Aufguss. Arya braucht den Hound nicht mehr, sie kann nichts mehr von ihm lernen. Aber braucht er sie? Ich vermute, er hat auch eine Liste. Auf der steht ein Wort: Bruder.

Kann Drogon bitte eine Rüstung kriegen?

Zitate der Woche:

Jon Snow zögert beim Saufe: "Vomiting isn't celebrating."
Tormund Giantsbane: "Yes it is"

Tyrion Lannister: "Thoughts aren't treason."

Nachtrag/Ausblick:

Bei der kommenden fünften Folge hat wieder Miguel Sapochnik Regie geführt, wie schon bei "Hardhome", "Battle of the Bastards" und "Battle of Winterfell". Zu letzterer habe ich mir die Doku auf Youtube angesehen. Der Aufwand war ein Wahnsinn. Nur schade, dass man das in manchen Szenen einfach nicht sieht. Im wahrsten Sinne des Wortes.

>> „Die Presse“ bloggt zu jeder Folge der neuen Staffel:  DiePresse.com/gameofthrones

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