Kia Proceed GT: Ein Soundtrack, der etwas neben der Spur ist

Nicht Hotzenplotz, sondern Palastwache: Ausflug mit Kia Proceed ins bulgarische Plovdiv, Kulturhauptstadt des Jahres 2019.
Nicht Hotzenplotz, sondern Palastwache: Ausflug mit Kia Proceed ins bulgarische Plovdiv, Kulturhauptstadt des Jahres 2019.(c) Photographie: Juergen Skarwan
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Der optisch gelungene Proceed GT, eine Mischung aus Kombi und Coupé, ist ein interessanter Superheld der kompakten Baureihe – auch, wenn Kia nicht immer ganz den richtigen Ton trifft.

Hyundai und Kia sind gute Beispiele für eine erfolgreiche, weil klug differenzierte Markenführung. Man weiß vielleicht, dass beide zum gleichen Konzern gehören, da ist es nur recht und billig, wenn sich beide des gleichen technischen Inventars bedienen – macht man ja auch im VW-Universum so. Trotzdem käme man nicht auf die Idee, Hyundais und Kias für Klone voneinander zu halten.

Das liegt hauptsächlich an der Positionierung auf dem Markt, nicht unwesentlich über das Aussehen ausgedrückt. Der hochdekorierte Designveteran Peter Schreyer ist der Mann, der als Gesamtverantwortlicher ein Auge darauf hat.

Des kleinen Mannes

Die Marke, die im Konzern Forschung und Entwicklung in der Hand hat, ist Hyundai. Kia tritt dafür beim Styling progressiver, frecher auf. Dem eleganten Fastback des Plattformgeschwisterchens Hyundai i30 steht der imposante Kia Proceed gegenüber – Mercedes Shooting Brake oder gar Porsche Panamera des kleinen Mannes wurde er schon genannt. Kia verbindet in dem Format Kombi-Nutzwert mit gesteigertem optischen Appeal.

Tatsächlich schauen die Leute gern ein zweites Mal, durchaus anerkennend. Das Bootsheck mit dem durchlaufenden Leuchtenband ist kein alltäglicher Anblick. Na ja, fast durchgehend. Aus Kostengründen, wie uns der Designer verraten hat, findet sich dann doch ein Spalt, eine Unterbrechung in der Mitte. Schauen wir drüber hinweg, zum Beispiel auf den prominenten Proceed-Schriftzug, der stolz am Heck prangt.

Was der Kia darunter freigibt, elektrisch betätigt, ist naturgemäß kein Kombi-Ladevolumen im Spitzenfeld. Vor allem erschwert der knapp geschnittene Zugang das Verstauen von sperrigem Ladegut. Aber dafür gäbe es ja den Kombi des Kia Ceed, der diesbezüglich bemerkenswert aufgeigt.

Apropos aufgeigen. Hyundai darf ja die sportliche Linie vertreten; unter dem Label „n“ wird ein richtig kompetenter Hot Hatch beziehungsweise Fastback angeboten. Da stimmt von der Leistung bis zum Fahrwerk alles. Der Kia ist nicht so dynamisch ausgelegt, auch wenn er es optisch mit viel Schweller und einem protzigen Diffusor am Heck andeutet. Aber der 1,6-Liter-Turbobenziner – angenehmer Genosse er im Alltag auch sein mag – zeigt keinen wirklich entfesselten Charakter. Die 204 PS gewinnt man nur mit viel Nachdruck, und das Doppelkupplungsgetriebe unterstützt eher die Gelassene als das Spritzige. Woran nichts auszusetzen ist. Hätte man nicht einen Sound herbeikomponiert, der entweder wie Zubehör vom Forstinger oder gleich wie ein Loch im Auspufftopf klingt. Diese Klangnote, von Leerlaufdrehzahl weg, ist ein Ärgernis. Zumal die Landjugend als Klientel, der das Gefallen könnte, kaum die Mittel für den Proceed GT aufbringt. Er reibt mit 39.990Euro für den Handschalter und 42.190Euro sehr selbstbewusst auf. Extra fehlt natürlich keines. Nur etwas Ruhe an Bord. (tiv)

Compliance-Hinweis:

Die Reisen zu Produktpräsentationen wurden von den Herstellern unterstützt. Testfahrzeuge wurden kostenfrei zur Verfügung gestellt.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 03.05.2019)

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