Drogenlenker: Kontrollen durch eigene Polizeitruppe geplant

Verkehrskontrollen sollen Drogenlenker künftig härter treffen.
Verkehrskontrollen sollen Drogenlenker künftig härter treffen.APA/BARBARA GINDL
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300 speziell geschulte Beamte sollen künftig mutmaßliche Drogenlenker überführen. Und: Die Strafen sollen strenger werden.

Wien. 2017 wurden in Österreich 2200 Personen angezeigt, die unter Drogeneinfluss im Straßenverkehr erwischt wurden. 2018 waren es schon 3000 Anzeigen. Wie Experten des Innenministeriums, der Landespolizeidirektion Wien und des Kuratoriums für Verkehrssicherheit (KFV) am Freitag erklärten, werde dieses Problem immer größer. Mit einer vom Verkehrsministerium ausgearbeiteten Novelle zur Straßenverkehrsordnung sollen bessere Möglichkeiten zur Verfolgung von Drogenlenkern geschaffen werden.

1. Welche Linie verfolgt die von der Regierung geplante Novelle?

Es soll künftig einfacher werden, Drogenlenker – buchstäblich – aus dem Verkehr zu ziehen. Dafür soll unter anderem der derzeit in der StVO verwendete Begriff „Suchtgift“ durch die Sammelbezeichnung „Suchtmittel“ ersetzt werden. Damit würden auch Verkehrsteilnehmer erfasst, die psychotrope Stoffe konsumiert haben, also Substanzen, die sich auf die Psyche eines Menschen auswirken. Bei Nachweis von Drogenkonsum (Bluttest) soll die rechtliche Vermutung gelten, dass eben dieser Konsum zu der – zuvor von der Polizei festgestellten – Beeinträchtigung des Lenkers beigetragen hat. Es gibt bereits Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes, die in diese Richtung geht.

2. Wo liegen derzeit die Probleme bei den Drogenkontrollen?

Ganz einfach: Auf dem Land gibt es zu wenige verfügbare Ärzte oder Spitäler, die Lenker auf Fahrtüchtigkeit untersuchen. Auch kommt es vor den Untersuchungen immer wieder zu Wartezeiten, da das ärztliche Personal natürlich mit Patienten zu tun hat. Dass ein medizinischer Notfall vorgeht, versteht sich von selbst.

Für die Beamten, die den Verdächtigen zum Arzt fahren, heißt es erstens, dass sie mitunter selbst viel Zeit verlieren. Und dass sich das Blutbild im Laufe der Wartezeit verändert, wodurch der Drogennachweis immer schwieriger wird. In den Städten, wo amtsärztliche Dienste eingerichtet sind, funktionieren die Untersuchungen derzeit besser. Laut einer vom KFV in Auftrag gegebenen Umfrage geben in Österreich (hochgerechnet) zirka 180.000 Menschen zu, mindestens einmal im Jahr unter Drogeneinfluss ein Fahrzeug gelenkt zu haben. Bei Alkohol sind es gar 700.000 pro Jahr.

3. Wie will man die aktuellen Probleme in den Griff bekommen?

Die Polizei soll die Fahrtüchtigkeit selbst prüfen dürfen. 300 Beamte sollen eine dreitägige Grundausbildung erhalten. Bei den Kontrollen soll diese Truppe mehrere Tests mit den Verdächtigen machen: Speichelvortest, Pupillenkontrolle, Einbein-Stehtest, Finger-Nase-Test, kognitiver Test (wie viel kann sich jemand merken?) etc. Bei Feststellung der Fahruntüchtigkeit wird der Verdächtige zum Arzt gefahren – dieser muss dann „nur“ noch den Bluttest durchführen. Besteht ein Verdächtiger darauf, keine Drogen konsumiert zu haben, soll er einen Harn-Schnelltest machen dürfen – so soll sich der Lenker frei beweisen können.

4. Werden künftig auch die Strafen strenger sein?

Ja. Derzeit muss jemand, der alkoholisiert am Steuer erwischt wird, mit einer Geldstrafe von 800 bis 3700 Euro rechnen – sowie mit einem Monat Führerscheinentzug. Wer stark betrunken, mit 1,6 Promille Alkohol im Blut oder mehr, fährt, dem droht eine Geldbuße von 1600 bis 5900 Euro, zudem ist der Führerschein für ein halbes Jahr weg. Genau diese 1,6-Promille-Sanktion soll künftig auch für Drogenlenker gelten. Derzeit greifen nur die niedrigeren Strafsätze.

Unter den häufig konsumierten Drogen rangiert Cannabis mit 75 Prozent an erster Stelle, dann folgen Kokain und „Partydrogen“ wie Speed oder Ecstasy.

5. Wie sieht der Fahrplan für das Inkrafttreten der Novelle aus?

Der Entwurf liegt bis 24. Mai zur Begutachtung vor. Ob das geplante Gesetz überhaupt kommt, ist noch offen. Denn: In Teilbereichen – nämlich in der Frage, wer eine Blutabnahme anordnen darf – ist durch die StVO-Novelle eine Verfassungsbestimmung betroffen. Daher braucht der Gesetzesbeschluss eine Zweidrittelmehrheit.

Türkis-Blau ist etwa auf die SPÖ-Stimmen angewiesen. In der Partei gab es auf „Presse“-Anfrage eine abwartende Reaktion. „Klar ist, dass der Vorschlag und die offenen Fragen mit Experten diskutiert werden müssen“, so Vize-SPÖ-Klubchef Jörg Leichtfried.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 04.05.2019)

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