Kalt wie die Progression

Oder: Warum wir längst zombiemüde sind und um Chewbacca trauern.

Nein, die kalte Progression ist ein kein Wetterphänomen. Wenn man auch leicht glauben könnte, es sei die ausgedehnte Kaltfront, die sich da gerade von Finnland aus über Zentraleuropa schiebt, damit pünktlich zur Bäderöffnung Anfang Mai das schlimme Wort Schneefallgrenze zurückbringt. Die kalte Progression ist auch keine Maßnahme der Bundesregierung gegen die Erderwärmung. Die kalte Progression sorgt für sprudelnde Steuereinnahmen. Und das bleibt offenbar auch so.

Die kalte Progression in ihrer ganzen begrifflichen Schauerlichkeit hätte jedenfalls das Zeug dazu, bei „Game of Thrones“ als neue Bedrohung hinter den Resten der großen löchrigen Mauer im Norden die White Walker als unbezwingbare Bedrohung abzulösen. Nach Teil 3 (Achtung, Spoiler!) gab es ja heftige Diskussionen unter Fans, ob die Folge zu dunkel gewesen sei. Und das nicht in einem inhaltlichen, sondern im wortwörtlichen Sinne. Über weite Strecken der elendslangen Schlacht konnte man wenig bis gar nichts erkennen. Realistisch, es war ja Nacht und Flutlicht gibt es nicht, lautet eine Meinung. Die andere: Die Visualisierung von Inhalten sei doch schon ein ganz zentrales Element, wenn es darum geht, literarischen Stoff auf die Leinwand zu bringen. Sonst sei man im Hörspielgenre besser aufgehoben.

Wir sind froh, dass der Knight King mit den stahlblauen Augen gesplittert ist, nachdem er von Frauenhand gesplattert wurde. Es hat nämlich schon einen Grund gehabt, warum wir aus „The Walking Dead“ vor geraumer Zeit zombiemüde ausgestiegen sind. Für Folge vier am Montag wüschen wir uns wieder mehr Dialoge, ausschließlich lebende Akteure (auch wenn sie vielleicht noch sterben sollten) und vor allem viel, viel Tageslicht.

Von der „Game of Thrones“-Welt ist es dieser Tage nicht sonderlich weit zum „Star Wars“-Universum. Der Knight King wird nämlich im Netz quasi als kalte Version des Sith-Lords Darth Maul gesehen, so ähnlich schauen sich die beiden. Sein Doppel-Laserschwert wäre in der Schlacht um Winterfell sicher auch brauchbar gewesen. Ende der Woche ist der Darsteller von „Star Wars“-Fanliebling und Kultfigur Chewbacca, Peter Mayhew, gestorben. Für alle „GoT“-Jünger, die „Star Wars“ nicht mehr gekannt haben: Er ist ungefähr so gutmütig und sympathisch wie Hodor. Also das glatte Gegenteil der kalten Progression . . .

florian.asamer@diepresse.com

("Die Presse", Print-Ausgabe, 05.05.2019)

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