Vor 90 Jahren kam Audrey Hepburn in Brüssel zur Welt – unweit des Ortes, wo Thomas Bernhard später „Verstörung“ schrieb.
Die Gedenkplakette an der Fassade des Hauses in der Rue Keyenveld 48 in meinem Brüsseler Stadtteil Ixelles entdeckte ich vor Jahren nur durch Zufall, anlässlich des Besuches des hervorragenden Gasthauses „Les Brassins“ nebenan. Hier kam die Schauspielerin Audrey Hepburn am 4. Mai 1929 zur Welt, steht da zu lesen. Ihr britischer Vater, ein Bankier, war nach Brüssel entsandt worden. Die ersten fünf Jahre ihres Lebens verbrachte Hepburn in Belgien, an der Brüsseler Adresse wohnte ihre Familie hingegen nur wenige Monate. Insofern ist es kühn, wenn „Paris Match“ diese Zufälligkeit mit „Audrey Hepburn und Ixelles: eine große Liebesgeschichte“ kommentiert – oder der Rundfunk RTBF mit „Audrey Hepburn: A Star made in Brussels“.
Doch was soll's, auch mich befällt stets ein aufgeregter Kitzel, wenn ich davon erfahre, dass ein berühmter Mensch nicht unweit meines Wohnortes zumindest kurze Zeit gelebt hat. Nur wenige Minuten Fußweg von Hepburns Geburtshaus entfernt liegt beispielsweise jene Adresse, an der Thomas Bernhard im Sommer 1966 seinen zweiten Roman „Verstörung“ schrieb. Ob das Haus in der Rue de la Croix 60 noch jenes ist, in dem er damals mit sich und dem Stoff rang, weiß ich nicht. Sollte es Bernhardianer geben, die sein Andenken durch eine Plakette würdigen wollen, sind sie noch nicht in Aktion getreten.
Den Großteil ihrer Zeit in Belgien übrigens lebte Audrey Hepburn im flämischen Vorort Brüssels Linkebeek, an der Adresse Beukenstraat 129. Hübsche Villa – Gedenktafel: Fehlanzeige.
Nächste Woche: Timo Völker
("Die Presse", Print-Ausgabe, 05.05.2019)