Brunei will Todesstrafe gegen Homosexuelle nicht vollstrecken

Der Sultan hat gesprochen: Todesstrafen werden weiterhin ausgesetzt. Rechtssicherheit sieht allerdings anders aus.
Der Sultan hat gesprochen: Todesstrafen werden weiterhin ausgesetzt. Rechtssicherheit sieht allerdings anders aus.APA/AFP/STRINGER
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Alles "Missverständnisse", verkündet der Sultan von Brunei. Todesurteile gegen Homosexuelle bleiben Gesetz - aber sie würden nicht umgesetzt.

Das Sultanat Brunei will nach internationalen Protesten die Todesstrafe gegen Homosexuellen nicht vollstrecken. Dies kündigte Sultan Hassan al-Bolkaniah am Sonntag in einer Rede zum Beginn des islamischen Fastenmonats Ramadan an. Das bereits seit mehr als zwei Jahrzehnten geltende "De-Facto-Moratorium", keine Todesurteile umzusetzen, gelte auch für Urteile gegen Homosexuelle.

Zudem sprach er von "Missverständnissen". Anfang April waren in dem Sultanat auf der südostasiatischen Insel Borneo härtere Strafgesetze in Kraft getreten. Homosexuellen drohte die Todesstrafe durch Steinigung. Grundlage dafür war die Scharia, die die religiösen und rechtlichen Normen im Islam regelt. International gab es viel Proteste, angeführt von Hollywood-Star George Clooney. Er rief dazu auf, Hotels zu boykottieren, die dem Sultan gehören, einem der reichsten Monarchen der Welt.

"Familienlinie bewahren"

Für den Sultan waren die Boykott-Drohungen und internationalen Reaktionen offensichtlich durchaus ein Problem. Der "Guardian" zitierte im April aus einem vierseitigen Brief des Herrschers an die Europaabgeordneten, in dem es hieß, Steinigungen als Strafe für gleichgeschlechtlichen Sex würden selten sein, da zwei Männer von "hohem moralischem Rang und Frömmigkeit" als Zeugen erforderlich seien. Im Hinblick auf den Wunsch des Landes, seine traditionellen Werte und seine "Familienlinie" zu bewahren, fordere man "Toleranz, Respekt und Verständnis".

Auch im Brief hatte der Sultan bereits von Missverständnissen gesprochen. "Die Kriminalisierung von Ehebruch und Unzucht soll die Unantastbarkeit der Familienlinie und der Ehe von verschiedenen Muslimen gewährleisten, insbesondere von Frauen." Die EU wurde dem Bericht zufolge auch aufgefordert, die Einfrierung von Vermögenswerten, Visa-Verbote und eine schwarze Liste von Hotels, die dem Sultanat gehören, zu überprüfen.

In dem Sultanat sind zwei Drittel der mehr als 420.000 Einwohner muslimischen Glaubens. Seit einiger Zeit sind dort konservative islamische Kräfte auf dem Vormarsch. Der autoritär regierende Sultan hatte 2014 damit begonnen, die Scharia einzuführen. Schwule und Lesben werden in der ehemaligen britischen Kolonie seit langem unterdrückt.

(APA/dpa)

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