USA verstärken ihre Militärmacht gegen Iran

Auf Kurs in Richtung Iran: Eine Marinekampfgruppe rund um den Flugzeugträger USS Abraham Lincoln (CVN 72) auf dem Weg in Gewässer rund um Iran. Mit der Verstärkung ihrer Militärpräsenz in der Region wollen die Amerikaner den Druck auf das Regime in Teheran weiter erhöhen.
Auf Kurs in Richtung Iran: Eine Marinekampfgruppe rund um den Flugzeugträger USS Abraham Lincoln (CVN 72) auf dem Weg in Gewässer rund um Iran. Mit der Verstärkung ihrer Militärpräsenz in der Region wollen die Amerikaner den Druck auf das Regime in Teheran weiter erhöhen.(c) Reuters
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Mit Entsendung einer Trägerkampfgruppe und mehr Bombern erhöht US-Regierung jetzt auch den militärischen Druck auf das Regime in Teheran.

Washington/Wien. Kein Tag vergeht mehr, an dem die US-Regierung von Donald Trump die Schrauben gegen Iran nicht noch ein Stück weit fester anzieht: Offiziell, um das Regime in Teheran zu Wohlverhalten im Sinne der amerikanischen Politik zu drängen; unausgesprochen, um die iranische Bevölkerung derart auszupressen, damit sie einen Regimewechsel erzwingt. Um den Druck auf Iran auch militärisch zu erhöhen, schickt Washington jetzt eine weitere Marinekampfgruppe rund um den Flugzeugträger USS Abraham Lincoln sowie eine zusätzliche Bomberstaffel in die Region.

Zwar versuchte der Oberfalke vom Nationalen Sicherheitsrat, John Bolton, zu beschwichtigen, die USA strebten keinen Krieg mit dem iranischen Regime an, „aber wir sind voll bereit, um auf jeden Angriff zu reagieren“. Bolton sprach von „einer Reihe beunruhigender und eskalierender Anhaltspunkte und Warnzeichen“ von iranischer Seite. Washington wollte Teheran deshalb eine „klare und unmissverständliche Botschaft senden, dass jedem Angriff auf die Interessen der Vereinigten Staaten oder auf die ihrer Verbündeten mit unerbittlicher Kraft begegnet werden wird“.

Atomabkommen vor dem Aus

Seit US-Präsident Trump im Mai 2018 einseitig das Atomabkommen mit Teheran gekündigt hat, sind Washington immer neue Dinge eingefallen, um den Druck auf Iran zu steigern. Der Vertragskündigung folgte die Verhängung von Wirtschaftssanktionen, die derart ausgeweitet wurden, dass Iran neuerdings kein Erdöl – Haupteinnahmequelle des Landes – mehr exportieren können soll. Ende vergangener Woche verkündete neue US-Restriktionen richten sich gegen das zivile Atomprogramm des Iran. So soll Iran kein Natururan mehr nach Russland liefern und im Tausch dafür angereichertes Uran von dort beziehen können. Damit würde das „Recht auf Anreicherung“, das Teheran im Rahmen der Verhandlungen über das Atomabkommen zugestanden worden ist, außer Kraft gesetzt.

Deutschland, Frankreich und Großbritannien haben das Vorgehen der Amerikaner kritisiert, weil sie befürchten, dass das 2015 in Wien 2015 unterzeichnete Atomabkommen endgültig scheitern wird. Zu Recht: Schon vergangene Woche kritisierte Irans Vizeaußenminister Abbas Araqchi, dass die verschärften US-Sanktionen und die Machtlosigkeit der übrigen Vertragspartner (Russland, China, Großbritannien, Frankreich, Deutschland) die Geduld Teherans überstrapazierten: „Wir haben der Diplomatie ausreichend Zeit gegeben, aber genug ist genug.“ Das Atomabkommen bewege sich rapide Richtung Endpunkt. Irans Präsident Hassan Rohani kündigte bereits an, sein Land werde weiter Öl exportieren. Der stellvertretende Ölminister Amir Hossein Samaninia erklärte, Iran werde sein Öl eben auf dem „grauen Markt“ verkaufen. Gemeint haben dürfte er damit, dass Teheran sein Öl privaten Firmen zu massiven Preisabschlägen anbieten wird.

Der iranische nationale Sicherheitsrat hat inzwischen das US-Zentralkommando als terroristische Organisation eingestuft und bezeichnet die USA als „Sponsor des Terrorismus“. Es war dies eine Reaktion darauf, dass Washington zuvor die iranischen Revolutionsgarden als ausländische Terrororganisation abgestempelt hat.

„Globales Desaster“ droht

Aus den Reihen der Revolutionsgarden folgte die Drohung, falls Iran kein Öl mehr exportieren dürfe, könne man auch die Straße von Hormus blockieren – der wichtigste Seeweg für den Ölhandel.

Richard Johnson, ein früherer Spitzenbeamter im US-Außenamt, kritisierte die Iran-Politik der Trump-Regierung scharf: „Die glauben wirklich, sie können die iranische Wirtschaft in die Rezession und zum Kollaps bringen, sodann die Bevölkerung des Landes auf die Knie zwingen – bis die Iraner zu uns kommen und um Verhandlungen betteln oder bis das Regime zusammenbricht.“ Iran-Kenner haben wiederholt gewarnt, dass Trumps unnachgiebige Iran-Politik letztlich nur die Falkenfraktion in Teheran stärke und die Masse der Bevölkerung hinter dem von außen bedrängten Regime zusammenstehen lasse.

Seyed Hossein Mousavian, ein ehemaliger iranischer Botschafter in Berlin, der jetzt an der Princeton University lehrt, prophezeit in der US-Zeitschrift „National Interest“ ein „globales Desaster“, falls Trump tatsächlich die militärische Auseinandersetzung mit Iran sucht: „Wenn er das tut, werden der Nahe und Mittlere Osten sowie Nordafrika völlig auf den Kopf gestellt. Iran hat Zugang zu Zehntausenden militanten jungen Leuten in der gesamten Region, die eine Situation herbeiführen können, die viel gravierender sein wird als alles, was wir in Afghanistan und Irak gesehen haben.“

IRAN UNTER DRUCK

US-Sanktionen. Iran erlebt derzeit die schärfsten Strafmaßnahmen seiner Geschichte. Seit US-Präsident Trump im Mai 2018 einseitig aus dem Atomabkommen ausgetreten ist, hat Washington sukzessive die Sanktionsschraube angezogen. Nun soll Teheran auch kein Öl mehr verkaufen können. Dem Druck auf das iranische Regime verleihen die USA auch mit Verstärkung ihrer Militärpräsenz Nachdruck.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 07.05.2019)

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