Die Türkei schlägt weiterhin alle Warnungen in den Wind, auf den Kauf russischer Luftabwehrraketen zu verzichten. Und auch bei den Erdgasbohrungen auf Zypern bleibt die Türkei unnachgiebig.
Ankara/Wien. Staatschef Recep Tayyip Erdoğan steuert die Türkei außenpolitisch weiter voll auf Crash-Kurs mit den USA, den Nato-Partnern und mit der EU. Nato-Generalsekretär Jens Stoltenberg hat die Regierung in Ankara bei einem zweitägigen Besuch erneut vor Sanktionen der USA gewarnt, wenn sie am Kauf von vier russischen S-400-Luftabwehrraketensystemen (Preis: 2,5 Milliarden Dollar) festhalte. Doch Erdoğan zeigt weiterhin nicht die geringste Neigung, das Rüstungsgeschäft mit Moskau abzublasen. Das Geschäft sei eine Sache der nationalen Souveränität und Sicherheit. Die Lieferung der ersten S-400-Raketen ist im Juli geplant.
Erst Ende vergangener Woche hatte Pentagonchef Patrick Shanahan an die Adresse Ankaras erklärt: „Wenn die Türkei am Kauf der S-400 festhalten sollte, werden wir Arbeit von dort abziehen.“ Es geht um das hochmoderne F-35-Kampfflugzeug, von dem Ankara 100 Jets kaufen will und für das in der Türkei Teile mitproduziert werden. Im Raum steht die US-Drohung: Wenn Erdoğan am S-400-Kauf festhält, wird es keine F-35-Kampfjets für die türkische Luftwaffe geben. Türkische Spitzenpolitiker wie Außenminister Mevlüt Çavuşoğlu oder der Finanzminister und Erdoğan-Schwiegersohn Berat Albayrak glauben freilich weiterhin, dass die amerikanische Suppe nicht so heiß gegessen wie sie derzeit gekocht werde. Sie setzen ihre Hoffnungen vor allem auf US-Präsident Donald Trump, der, wenn es um ein gutes Rüstungsgeschäft gehe, schon noch einlenken werde. Freilich geht es in diesem Fall darum, was in Washington höher bewertet wird: ein Geschäft oder die nationalen Sicherheitsinteressen.
Auch im Fall der türkischen Erdgas-Probebohrungen in Gewässern um Zypern haben Washington und die EU die Türkei eindringlich vor einseitigen Schritten gewarnt. Erdoğan zeigt sich auch in dieser Sache wie beim S-400-Kauf unnachgiebig, spricht von legitimen und nicht diskutablen Rechten der Türkei über die Energieressourcen in der Region, was von der Nato unterstützt werden müsse. Unterdessen befürchten Beobachter, dass die türkischen Aktivitäten den eingefrorenen Zypernkonflikt wieder voll aufflammen lassen könnten.
(Reuters/dpa/b.b.)