Impfpflicht: Regierung gegen Expertenwunsch

Die Begeisterung der Bundesregierung für eine Masern-Impfpflicht hält sich hörbar in Grenzen (Symbolbild).
Die Begeisterung der Bundesregierung für eine Masern-Impfpflicht hält sich hörbar in Grenzen (Symbolbild).(c) REUTERS (Valentin Flauraud)
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Während sich die Bioethikkommission für eine Impfpflicht ausspricht, ist diese für Gesundheitsministerin Beate Hartinger-Klein weiterhin kein Thema. Applaus gibt es aber immerhin aus der steirischen Landesregierung.

Wien. „Das ist eine Empfehlung, die wir gemeinsam in der Regierung mit der Gesundheitsministerin besprechen“: Das sagte Kanzleramtsminister Gernot Blümel, seines Zeichens ÖVP-Regierungskoordinator, am Dienstag zum Vorschlag der Bioethikkommission für eine Impfpflicht.

Jedoch stellte die angesprochene FPÖ-Ministerin klar, weiterhin gegen eine Impfpflicht zu sein. Man wolle auf Aufklärung statt auf eine Impfpflicht setzen, betonte ein Sprecher von Beate Hartinger-Klein. Und das sehe auch das Regierungsprogramm so vor, hieß es aus dem Gesundheitsministerium zur „Presse“.

Anlass für die aktuelle Debatte ist die neue oder vielmehr die aktualisierte Empfehlung der Bioethikkommission, die sich schon 2015 zum Thema Impfen Gedanken machte. Demnach sei eine Pflicht „unter bestimmten Bedingungen“ verhältnismäßig und ethisch argumentierbar. Je gefährlicher die Krankheit sei und umso harmloser der Eingriff, desto mehr spreche für eine Pflicht.

Gegenwärtig sieht man die Bedingungen für eine Impfpflicht bei Masern für gegeben an, wie die Kommissionsvorsitzende, Christiane Druml, am Montagabend bei einer von der „Presse“ mitveranstalteten Diskussion an der WU erklärte. Zuletzt hatten sich in Österreich die Masernfälle stark gehäuft. Die im Kanzleramt angesiedelte Bioethikkommission hat aber nur beratende Funktion, die Entscheidungen muss die Politik fällen.

Während sich die Begeisterung der Bundesregierung für eine Masern-Impfpflicht hörbar in Grenzen hält, wird die Idee vom Hauptverband der Sozialversicherungsträger und zumindest von einem Bundesland unterstützt: der Steiermark. Gesundheitslandesrat Christopher Drexler (ÖVP) sagte, er sei der Kommission „für ihre Positionierung sehr dankbar“ und er hoffe, „dass diese auch Gehör findet“. Über die konkrete Umsetzung müsse man noch reden, selbst könne er sich aber „jedenfalls vorstellen, dass die Masernimpfung für den Eintritt in Kinderbetreuungseinrichtungen und Schulen Voraussetzung ist“.

Ebenso wie seine oberösterreichische Kollegin und Landeshauptmann-Stellvertreterin, Christine Haberlander (ÖVP), wirbt Drexler auch dafür, die Masernimpfung verpflichtend im Mutter-Kind-Pass zu verankern. Dazu gibt es in der Steiermark einen einstimmigen Landtagsbeschluss. Bei der Landesgesundheitsreferentenkonferenz am Freitag will Haberlander die bundesweite Verankerung der Masernimpfpflicht im Mutter-Kind-Pass erneut vorschlagen.

Für Hacker „ein Tabubruch“

Allerdings steht man in den restlichen Bundesländern den diversen Impfpflicht-Ideen skeptisch gegenüber. Für den Wiener Gesundheitsstadtrat, Peter Hacker (SPÖ), wäre eine Impfpflicht ein regelrechter „Tabubruch“. In dieser Frage sei er einer Meinung mit der Gesundheitsministerin, so Hacker. Um die Impfrate zu verbessern, habe er aber die Direktorin des Landessanitätsrates beauftragt, eine Arbeitsgruppe zu bilden, um nach Möglichkeiten zu suchen, „den Menschen das Impfen leichter zu machen, denn da gibt es noch Luft nach oben“. (aich/uw/beba)

("Die Presse", Print-Ausgabe, 08.05.2019)

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