Kolumne

Der Anfang vom Ende des Lebenslaufes

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Auf zum Traumjob. Folge 8. Die technologische Entwicklung verändert auch die Art und Weise wie wir uns in Zukunft bei einem Unternehmen bewerben werden. Große, vor allem technologieaffine Konzerne geben hier den Takt vor. Das betrifft natürlich auch die klassischen Bewerbungsunterlagen wie Lebenslauf und Anschreiben. Zalando beispielsweise hat den klassischen Lebenslauf bereits abgeschafft und setzt im Bewerbungsprozess zu 100% auf Social Media Profile wie Xing oder LinkedIn.

Zum daily-business jedes Karrierecoaches gehört die Unterstützung bei der Gestaltung der Bewerbungsunterlagen und noch bis vor einigen Jahren zählte dazu neben dem Anschreiben ein in Word verfasster und im PDF-Format verschickter Lebenslauf. Waren diese Vorrausetzungen erfüllt, dann war der/die Bewerber/in quasi up to date.

Auch das Aufkommen der unternehmenseigenen Karriereportale sowie der Karriereplattformen im Netz konnten dem klassischen Lebenslauf nicht wirklich etwas anhaben. In der Regel wurde es für den Bewerber zwar etwas umfangreicher, da er/sie zusätzlich zum Lebenslauf, der am Ende zumeist hochgeladen wurde noch seine Daten ausfüllen musste, da das automatische Auslesen bis heute oft nur mangelhaft funktioniert. Aber im Wesentlichen unterschied sich der Prozess nicht vom analogen Ausfüllen eines Bewerbungsbogens vor oder nach dem Jobinterview.

In Zeiten des Fachkräftemangels kamen erste Zweifel auf inwieweit es vielleicht zielführender wäre die Eintrittsbarrieren für BewerberInnen so gering wie möglich zu halten. Die Auswertungen der Websites, und damit verbunden dem Verhalten derer, nennen wir sie Karriereportalausfüllabbrecher, dürften das ihre dazu beigetragen haben. Nicht umsonst hat die Deutsche Bahn das Anschreiben für Lehrlinge endgültig abgeschafft mit der Begründung, dass sie den Bewerbungsprozess vereinfachen möchte.

Ähnliches blüht jetzt auch dem klassischen Lebenslauf. Der technologische Fortschritt und selbstredend der Effizienzgedanke machen auch vor ihm nicht halt, existieren doch schon seit einiger Zeit von vielen BewerberInnen mehr oder weniger ausführliche Social Media Profile im Netz. Diese spielten bis dato im Bewerbungsprozess eine relativ untergeordnete Rolle, obwohl sich natürlich schon seit längerer Zeit die Frage aufdrängt, inwieweit sich derartige Profile auf einfache Art und Weise auch im Bewerbungsprozess verwenden lassen.

Im Jahr 2013 waren für 30% von 4.500 befragten HR-ManagerInnen Social Media Kanäle wie Xing oder Linked in ein zukünftiges Mittel zur Personalsuche. Im Jahr 2018 stieg diese Einschätzung auf 61% an. Eine Verdoppelung der Einschätzung also in nur fünf Jahren. Recruiter setzen ja bei der Suche nach geeigneten KandidatInnen schon seit Jahren auf Xing und LinkedIn. Und è voila die Technik macht es möglich. Bei unterschiedlichen Unternehmen können Sie mittlerweile auswählen, ob sie ihren Lebenslauf oder ihr Social Media Profil bei der Bewerbung hochladen möchten. Natürlich geht das noch nicht bei allen Unternehmen, aber wir können uns schon ausmalen wohin die Reise in Zukunft gehen wird.

Diese Entwicklung birgt für BewerberInnen im Kern jedoch noch eine weitere Veränderung in sich und zwar eine inhaltliche. Im klassischen Lebenslauf war es im deutschsprachigen Raum zuletzt üblich die Positionen und Unternehmen in chronologisch umgekehrter Reihenfolge aufzuzählen. Die HR-ManagerInnen konnten so auf dem ersten Blick erkennen, ob beispielsweise Lücken im Lebenslauf bestehen bzw. in wieweit eine kontinuierliche Karriereentwicklung vorliegt. Das waren in vielen Unternehmen sehr wichtige Werte. In einer Arbeitswelt, die allerdings volatiler wird und wo häufigere Jobwechsel zunehmend als „normal“ angesehen werden, verlieren diese Werte jedoch an Bedeutung.

Im New/Outplacement lege ich stattdessen auch verstärkten Fokus auf die Kompetenzen der jeweiligen BewerberInnen. Zumal Positionsbezeichnungen alleine, vor allem in technologienahen Branchen nur mehr wenig Aussagekraft besitzen, da diese von Unternehmen zu Unternehmen unterschiedlich sind und geradezu unaufhaltsam aus dem Boden sprießen. Und deshalb sollte sich diese Entwicklung im klassischen Lebenslauf, ähnlich wie beim Social Media Profil, wiederspiegeln. Die ausschließliche Aufzählung der Aufgaben und Tätigkeiten, welche im jeweiligen Job ausgeführt wurden ist meines Erachtens zu überdenken.

Außerdem ist die Sichtbarmachung der Kompetenzen, die der/die Bewerberin mitbringt, eine zusätzliche Möglichkeit sich vom/n der Mit(Bewerber/in) abzugrenzen. Das gilt auch für den klassischen Lebenslauf, da es ja jetzt noch viele Unternehmen gibt, die noch nicht alle technischen Möglichkeiten im Recruiting ausschöpfen können. Denn es wird meiner Meinung nach wohl doch noch einige Jahre dauern bis wir uns ausschließlich via Social Media Profil bewerben werden können.

Ein weiterer Punkt, den ich meinen KundInnen im New/Outplacement empfehle in ihre Lebensläufe mitaufzunehmen, ist die Beschreibung ihrer zukünftigen beruflichen Ziele. Das, was im angloamerikanischen Raum schon lange üblich ist, interessiert die Recruiter zunehmend auch in unseren Breitengraden. Ein Bild davon zu haben, wo meine berufliche Reise hingehen soll, und das schon im Lebenslauf zu beantworten, ist eine Vorwegnahme der beliebten Frage aus dem Jobinterview, wo sich der/die Berwerber/in in fünf Jahren sieht. Die Frage schon im Lebenslauf zu beantworten zeugt von strategischem Denken und Handlungsorientierung.

Somit stellt sich am Ende nun die Frage, ob das Ende des klassischen Lebenslaufs bereits als besiegelt gilt oder es nur der Anfang eines Neubeginns ist. So oder so werde ich als Karrierecoach wohl auch in nächster Zeit noch den einen oder anderen klassischen Lebenslauf zu Gesicht bekommen, aber eben mehr und mehr auch anderes.

Gutes Gelingen!

Michael Hanschitz
Michael Hanschitz(c) Marek Knopp



Michael Hanschitz ist seit nunmehr 15 Jahren als New/Outplacementberater, Autor und Karrierecoach tätig. Er ist Gründer des Beratungsunternehmens Outplacementberatung (www.outplacementberatung.co.at) und Autor des Buches Menschen fair behandeln. Mit seiner Arbeit unterstützt er Menschen und Organisationen in schwierigen Veränderungsprozessen. Beraten mit Herz und Verstand lautet seine Devise.

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