"Vorrats-Idenitifizierungspflicht": Experten skeptisch über "Sorgfalt im Netz"-Gesetz

AUSSERORDENTLICHE KONFERENZ DER LANDESHAUPTLEUTE IN WIEN: BLUeMEL
AUSSERORDENTLICHE KONFERENZ DER LANDESHAUPTLEUTE IN WIEN: BLUeMELAPA/HANS KLAUS TECHT
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Experten zweifeln an, ob das von der Bundesregierung geplante Gesetz - Stichwort „digitales Vermummungsverbot“ - mit Grundrechten und Unionsrecht vereinbar ist.

Das geplante "Gesetz für Sorgfalt und Verantwortung im Netz" (GSV-Gesetz) sorgt für Skepsis bei so manchem Rechtsexperten. Das wurde am Donnerstag bei einer Fachveranstaltung in Wien deutlich, wo Teile des Begutachtungsentwurfs zwar als "sinnvoll" anerkannt wurden, Vorhaben wie die verpflichtende Authentifizierung für Nutzer von Online-Foren dagegen kritisch beäugt wurden.

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Das Gesetz brächte mit dieser Maßnahme eine "flächendeckende Vorrats-Identifizierungspflicht", die "Bekämpfung rechtswidriger Inhalte" sei dennoch primär Sache von Betroffenen oder den Behörden, konstatierte Hans Peter Lehofer, Richter am Verwaltungsgerichtshof und unter anderem spezialisiert auf Medien- und Telekommunikationsrecht. Grundrechte der User sieht er ebenso berührt wie die Geschäftsbeziehung zwischen Usern und Medien-Unternehmen bzw. Online-Plattform. Auch, ob die Pläne der Regierung dem Unionsrecht entsprechen, sei offen. Auf die Unternehmen kämen zusätzliche Kosten zu, und im Extremfall ein "Eingriff in die Geschäftsmodelle". Vor allem hätte er sich eine breitere Diskussion im Vorfeld des Begutachters gewünscht, sagte Lehofer bei dem Workshop des Forschungsinstituts "Recht Elektronischer Medien".

Jene Juristen, die den Entwurf geschrieben haben, sehen das ein wenig anders. Zum Diskutieren sei ja die Begutachtungsphase da, hielt Matthias Traimer, Chef-Medien-Legist im Bundeskanzleramt, fest. Die inhaltliche Ausgestaltung sei Sache der Politik, doch es sei "schon durchaus etwas Gutes, Neuland zu beschreiten".

Wenig überzeugt dagegen zeigte sich Maria Windhager, die den Entwurf aus zwei unterschiedlichen Perspektiven studiert hat: Als Rechtsvertreterin des "Standard" und als Anwältin, die mehrere Verfahren gegen Facebook (im Auftrag der Grünen) führte. "Das wird die 'Standard'-Foren ruinieren", ist sie sich sicher. Und sie "wüsste nicht, wie man dieses Gesetz macht, ohne in Grundrechte einzugreifen". Aus "Opfersicht" sieht sie weniger ein Problem mit der gesetzlichen Grundlage, sondern mit der Durchsetzung: Von Facebook User-Offenlegungen zu bekommen sei "mühsam, aufwändig und kostspielig", und daran werde auch das SVN-Gesetz nichts ändern, glaubt sie. "Darauf zu schauen, dass Inhalte rasch gelöscht werden, bringt uns viel weiter", sagte Windhager und verwies in diesem Zusammenhang auf das deutsche Netzwerkdurchsetzungsgesetz.

(APA)

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