Nordkorea übte "Langstreckenangriff"

Reuters
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Machthaber Kim Jong-un soll den Befehl zum Start einer Übung gegeben haben. Sie soll das Können der Verteidigungseinheiten testen. Die Spannungen mit den USA steigen.

Nordkorea hat südkoreanischen Angaben zufolge eine Übung für einen "Langtreckenangriff" durchgeführt. Machthaber Kim Jong-un habe am Freitag am Kommandoposten den Befehl zum Start der Übung mit verschiedenen Trägern für "Langstreckenangriffe" gegeben, berichtete die südkoreanische Nachrichtenagentur Yonhap unter Berufung auf Nordkoreas staatliche Nachrichtenagentur KCNA. Die Übung habe darauf abgezielt, die Fähigkeiten der Verteidigungseinheiten zur schnellen Reaktion zu prüfen.

Nordkorea hatte nach Angaben des Generalstabs der südkoreanischen Streitkräfte bereits am Donnerstag zwei Flugkörper abgefeuert, bei denen es sich vermutlich um Kurzstreckenraketen handelte. Die Raketen seien vom nordkoreanischen Stützpunkt Kusong in der westlichen Provinz Pyongan in Richtung Osten abgeschossen worden. Die USA hatten am selben Tag bekannt gegeben, dass sie ein nordkoreanisches Schiff beschlagnahmt haben, weil damit gegen Sanktionen verstoßen worden sei.

Zweiter Waffentest in einer Woche

KCNA machte keine Angaben, welche Art von Waffen abgefeuert wurden. In der Mitteilung wurden Wörter wie Rakete, Geschoß oder Projektil vermieden. Südkoreas Militär geht davon aus, dass bei dem Test zwei Kurzstreckenraketen abgefeuert wurden. Eine Rakete sei 420 Kilometer und eine andere 270 Kilometer weit geflogen, bevor sie vor der Ostküste Nordkoreas ins Meer landeten. UN-Resolutionen verbieten dem Land - das mehrmals Atombomben getestet hat - die Starts ballistischer Raketen kurzer, mittlerer und langer Reichweite. Solche Raketen sind in aller Regel Boden-Boden-Raketen, die einen konventionellen, chemischen, biologischen oder atomaren Sprengkopf befördern können.

Indes berichtete die Agentur, die Übung sei "erfolgreich" gewesen. Sie sei darauf ausgelegt gewesen, "die Fähigkeit zu schneller Reaktion der Verteidigungseinheiten" zu prüfen. Die Einheiten hätten ihre "Macht" bei dem Test unter Beweis gestellt. Machthaber Kim Jong-un habe die Übung für "verschiedene Angriffsmittel von großer Reichweite" persönlich überwacht und sich mit der Ausführung zufrieden geäußert, berichteten die staatlichen nordkoreanischen Medien am Freitag. 

Es war der zweite Waffentest innerhalb einer Woche. Bereits am Wochenende hatte Nordkorea mit einem neuerlichen Waffentest provoziert. Ebenfalls unter der Aufsicht von Kim wurden laut KCNA am Samstag Langstrecken-Mehrfachraketenwerfer und taktische Lenkwaffen getestet.

Die Entwicklungen könnten zu neuen Spannungen zwischen Nordkorea und den USA führen. Die nordkoreanischen Waffentests werden in Seoul auch als Versuch der kommunistischen Führung in Pjöngjang gesehen, den Druck auf die USA zu erhöhen. Seit dem Scheitern des zweiten Gipfeltreffens zwischen US-Präsident Donald Trump und dem nordkoreanischen Machthaber Kim im Februar in Vietnam ist die Verunsicherung in der Region gewachsen.

Trump sieht Chancen schwinden

Trump sieht nun in der Tat die Chancen für eine rasche Fortsetzung der bilateralen Atomgespräche schwinden. Er wisse, dass die Nordkoreaner verhandeln wollten, sagte Trump in Washington in Anspielung auf die festgefahrenen Gespräche über das Atomwaffenprogramm Nordkoreas. "Doch denke ich nicht, dass sie bereit sind, zu verhandeln", sagte Trump als Reaktion auf die Tests. Niemand sei glücklich über die Tests, aber die Beziehungen blieben.

Südkorea rief die kommunistische Führung in Pjöngjang auf, alles zu unterlassen, was neue Spannungen schüren könnte. Südkoreas Präsident Moon Jae-in sagte nach dem jüngsten Waffentest, solche Aktionen könnten als Zeichen der Unzufriedenheit wegen des gescheiterten zweiten Gipfeltreffens zwischen Trump und Kim Jong-un im Februar in Vietnam gesehen werden. Ähnlich wie Trump vermied Moon aber, von einer Provokation zu sprechen. "Das kann als geplante Aktionen gesehen werden, dennoch versucht Nordkorea zur gleichen Zeit, den Dialog nicht zu ruinieren." Er warnte jedoch davor, solche Militäraktionen könnten die Atomgespräche gefährden.

Seit dem Gipfel von Hanoi ist die Verunsicherung in der Region gewachsen. Beide Seiten konnten sich damals in der zentralen Frage der atomaren Abrüstung Nordkoreas nicht einigen. Pjöngjang forderte dabei vergeblich eine Aufhebung eines Großteils der internationalen Sanktionen gegen das Land.

Schiff beschlagnahmt

Die USA gaben am Donnerstag bekannt, dass sie ein nordkoreanisches Schiff beschlagnahmt hätten, weil damit gegen Sanktionen verstoßen worden sei. Mit dem Frachter sei illegal Kohle aus Nordkorea verschifft und schwere Maschinerie in das isolierte Land transportiert worden, teilte das US-Justizministerium mit. Demnach wurde die "Wise Honest", die in Nordkorea registriert ist, zunächst im April 2018 von indonesischen Behörden festgesetzt, woraufhin die US-Justiz eine richterliche Anordnung zur Beschlagnahmung ausstellte. Der Frachter sei jetzt auf dem Weg in US-Hoheitsgewässer.

Das Pentagon setzte zudem die Bemühungen zur Bergung von Gebeinen von US-Soldaten in Nordkorea aus, die im Korea-Krieg (1950-53) auf Seiten Südkoreas gekämpft hatten. Das nordkoreanische Militär habe schon vor dem Gipfel in Hanoi die Kommunikation eingestellt, hieß es. Für das bis Ende September laufende Haushaltsjahr sei es nun zu spät, noch eine gemeinsame Bergungsoperation einzuleiten.

(APA/dpa)

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