Porträt

Der Wiederholungstäter

  • Drucken

Obwohl er erst 33 Jahre alt ist, hat Constantin Simon schon drei Unternehmen aufgebaut und eine Menge dabei gelernt. Vor allem, dass es nie so läuft, wie man es plant.

Das erste Mal war Constantin Simon 24 Jahre alt. Scarosso hieß die Gründung. So heißt die Firma immer noch. Es ging um handgemachte italienische Schuhe, die von Berlin aus online vertrieben wurden. Nach 18 Monaten Geschäftsführung schied Simon aus eigenem Antrieb aus. „Es ist wichtig, wie man das Team zusammenstellt“, begründet er sachlich. Das Team, das waren er, ein Schulfreund und ein dritter Wirtschaftsabsolvent. Man ahnt, wo der Schuh drückte: Alle drei hatten dasselbe Fachgebiet, dafür fehlten ihnen andere.

Constantin Simon hat viel erlebt. Jetzt ist der Wiener 33 Jahre alt, spricht ruhig, überlegt, durchdacht. Als könnte ihn nichts mehr aus der Ruhe bringen.

Am 16. Dezember 2013 (das Datum weiß er auswendig) war das wohl anders. Da stand er im Scheinwerferlicht, um ihn herum liefen die Fernsehkameras. Simon trat bei „2 Minuten 2 Millionen“ auf, damals noch eine junge Live-Sendung. Er war einer der ersten Teilnehmer. Sein Produkt hieß Nixe Bier, was so manchem treuen Konsumenten ein wehmütiges Lächeln entlocken wird. Low Carb war die Idee, die sich Simon bei einem Auslandssemester in Australien abgeschaut hatte. Dort war Low-Carb-Bier etabliert. In Österreich nicht, was ihm einige Mühe mit den Behörden eintrug.

Die Konsumenten aber sprangen sofort auf den hippen jungen Zug auf. Wir schreiben den Beginn des Start-up-Hypes, Nixe Bier hatte bei einem der ersten österreichischen Crowdinvestings 250.000 Euro Finanzierung bekommen, mehr war damals noch nicht möglich. Dieses Mehr erhoffte sich Simon von „2 Minuten 2 Millionen“. 100.000 Euro Medienvolumen hatte der Sender dem bestfinanzierten Projekt in Aussicht gestellt. Dann wurden die Regeln geändert, nicht mehr das bestfinanzierte Projekt bekam das Geld, sondern ein von den Investoren ausgewähltes. Nixe Bier war es nicht. Die Enttäuschung war groß.

„Die Sendung war trotzdem positiv für uns“, zieht Simon ein professionelles Fazit. „Wir erzielten Reichweite, wir bekamen PR. Der Name wurde bekannt. Es war nur nicht das volle Ergebnis, das wir uns erwartet hatten.“

Schwachstelle im Businessplan

Frohen Mutes „setzten wir unsere Wachstumsschritte um“. Konkret hieß das, neben dem Low-Carb-Bier einen Radler mit Biozitrone und dem geringsten Zuckeranteil aller Radler einzuführen. Außerdem nach Deutschland und ein klein wenig nach Australien zu expandieren. Nach wie vor liebten die Konsumenten die Produkte. Was sollte schon schiefgehen?

Etwas Unerwartetes: Die Listungsgepflogenheiten vor allem bei den heimischen Supermarktketten fraßen das aufblühende Start-up auf. Damit hatte man nicht gerechnet. „Wir waren überzeugt gewesen, dass wir mit unseren Innovationen auch im Handel punkten würden. Und mit unserem coolen Marketing.“

2018 sprang der letzte potenzielle Investor für die Anschlussfinanzierung ab. Nixe Bier musste Konkurs anmelden. Was würde er heute anders machen, könnte er die Zeit zurückdrehen? „Wir waren zu früh dabei“, antwortet Simon mit Bedacht. „2 Minuten 2 Millionen“ habe heute deutlich mehr Reichweite, damit könnte man Druck auf die Supermarktketten aufbauen. Heute würde er erst seinen Stammmarkt stabilisieren und dann expandieren. Und den Mehrwert für alle Kunden im Auge behalten, nicht nur für den Endverbraucher. Oder sich gleich vom Handel unabhängig machen und nur online vertreiben. Ja, wenn er die Zeit zurückdrehen könnte.

Muss er aber nicht. Schon 2015 hatte Simon seine nächste Gründung am Start, Lieferei.at, einen Onlinevertrieb und Großhandel für „nachhaltige Trendprodukte“. Die Erfahrung im Onlinehandel war da, es war nur logisch, etwas daraus zu machen. Das Team folgte ihm. Auch die Konsumenten, die nun Bio-Detoxkuren, Pflanzen- und Insektenproteinpulver oder Snackboxen bestellen. Die Post liefert CO?-neutral nach Hause oder ins Büro.

Alles auf neu

Natürlich, auch diesmal gibt es „immer wieder Anpassungen“. Da müsse man „dranbleiben“, das sei ein Grundprinzip aller Start-ups. Die Anfangshypothese verändere sich mit dem Feedback des Marktes, „aber wir bewegen uns in Richtung Break-even, damit wir stabil arbeiten können“.

Was er für sich gelernt habe? „Es läuft immer anders als geplant. Aber das sieht man erst im Nachhinein.“ Und dass es entscheidend sei, beweglich und anpassungsfähig zu bleiben. Und dass er keinen Tag missen will.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 11.05.2019)

Lesen Sie mehr zu diesen Themen:

Mehr erfahren

Porträt

PwC-Partnerin Prieller: „Es wird überflüssige Jobs geben“

Nicole Prieller leitet die Abteilung Workforce Transformation bei PwC Österreich. Ihr Büro im DC Tower mit 220 Metern Höhe lädt ein, über Wien zu blicken. Doch stattdessen wagt sie es, einen Blick in die Zukunft der Arbeit zu werfen.

Dieser Browser wird nicht mehr unterstützt
Bitte wechseln Sie zu einem unterstützten Browser wie Chrome, Firefox, Safari oder Edge.