Phoebe Waller-Bridge: Die Frau mit dem schrägen Witz

In der neuen Staffel verliebt sich Fleabag (Phoebe Waller-Bridge) in einen Priester. Sex, sagt sie, habe sie immer nur in Schwierigkeiten gebracht.
In der neuen Staffel verliebt sich Fleabag (Phoebe Waller-Bridge) in einen Priester. Sex, sagt sie, habe sie immer nur in Schwierigkeiten gebracht.Amazon
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Bekannt wurde die Autorin und Schauspielerin Phoebe Waller-Bridge durch ihre Serie „Fleabag“ – die zweite Staffel startet am Freitag auf Amazon.

Die erste Folge ist ein kleines Meisterstück – und spielt von Anfang bis Ende in einem gehobenen Londoner Restaurant: Fleabag, die Heldin der Serie, trifft sich hier mit ihrer Familie, es gibt etwas zu feiern, der Vater will wieder heiraten, und deshalb versuchen alle Beteiligten, für einen Abend ihre Zwistigkeiten beizulegen. Ganz normal zu agieren. Unverkrampft miteinander umzugehen, obwohl man sich ein Jahr lang aus dem Weg gegangen ist. Das Ergebnis ist ein wunderbares Kammerspiel über die Untiefen geschwisterlicher Beziehungen und die Entfremdung von Eltern und erwachsenen Kindern – wobei der Blick darauf bei aller Schonungslosigkeit auch versöhnlich ist: Familie eben.

Die zweite Staffel von „Fleabag“ erscheint kommenden Freitag auf Amazon, einige Wochen nach dem umjubelten Start in Großbritannien. Und sie macht verständlich, warum Phoebe Waller-Bridge, die diese Serie geschrieben hat, jüngst engagiert wurde, das Drehbuch zum neuen „James Bond“-Film aufzupeppen, dem offenbar noch der rechte britische Schmäh fehlt. Bond-Darsteller Daniel Craig, ein großer Fan der Serie, hat sie den Produzenten vorgeschlagen. Er schätze ihren schrägen Witz, sagt er, und ihre unkonventionelle Art als Autorin.

Jedenfalls eine interessante Karriere für eine Frau, die man früher außerhalb Großbritanniens wenn überhaupt von der Leinwand kannte – und da eher von Nebenrollen: Phoebe Waller-Bridge spielte an der Seite von Meryl Streep in „Die eiserne Lady“, gab die Mary Brown in „Goodbye Christopher Robin“ und den weiblichen Droiden L3-37 in „Solo: A Star Wars Story“. Ein paar kurze Auftritte in Serien wie „Broadchurch“ ergänzen das Bild.

Keine sympathischen Charaktere

Karriere als Autorin machte sie, als sie begann, sich selbst die Rollen auf den Leib zu schreiben – und das ist oft nicht das schlechteste Rezept. Man denke an Tina Fey, die mit der von ihr kreierten Serie „30 Rock“ zum Star wurde und das damals noch verbreitete Vorurteil widerlegte, Frauen seien halt nicht so komisch wie Männer. Oder an Lena Dunham und ihre Serie „Girls“: New York und seine Bewohner sahen plötzlich gar nicht mehr so glamourös aus, wie man es etwa von „Sex And the City“ kannte. Oder an Tig Notaro: Sie zieht in „One Mississippi“ nach dem Tod ihrer Mutter an den Ort ihrer Kindheit zurück – es ist eine wunderbare Reise in eine Kleinstadt voll subtilem Witz und voller Traurigkeit.

Alle drei Serien sind auch deshalb hinreißend komisch, weil sie ihre Heldinnen nicht mit Samthandschuhen anfassen: Sie agieren so narzisstisch, boshaft, kleinmütig und ausgeflippt, wie Frauen es nun einmal manchmal tun, aber in Film und Fernsehen lang nicht durften. Vielleicht aus falsch verstandener Rücksichtnahme. Vielleicht aus Unvermögen: Wo ein Gefühl für komische weibliche Charaktere hernehmen, wenn man jahrelang nur über die boshafte Schwiegermutter gelacht hat?

Auch Fleabag ist auf den ersten Blick nicht unbedingt sympathisch – dafür umso authentischer. Sie ist Großstädterin, Anfang 30, zynisch, egozentrisch und ziemlich oberflächlich: Für eine perfekte Figur würde sie fünf Jahre ihres Lebens opfern, sagt sie. In der ersten Staffel verrät sie ihre beste Freundin, bestiehlt die neue Frau ihres Vaters – und dass ihre Schwester im Gegensatz zu ihr Karriere gemacht hat, das nagt ganz gehörig an ihr. Dazwischen schaut sie mit genervtem Blick in die Kamera und kommentiert meist sehr britisch trocken das Geschehen, obwohl sie dazwischen auch sehr unbritisch derb werden kann. Sehr unkorrekt. Und sehr feministisch.

Kurz nach Fleabag folgte die nicht ganz so erfolgreiche Serie „Crashing“ (Netflix). Dann kam kurz darauf „Killing Eve“, in der Waller-Bridge nicht selbst mitspielte: Eine gute Fingerübung für den neuen „James Bond“, immerhin geht es in der Serie um eine irre Auftragskillerin (Jodie Comer) und eine Mitarbeiterin des britischen Inlandsgeheimdienstes (Sandra Oh, bekannt aus „Grey's Anatomy“). „The Guardian“ erkor „Killing Eve“ zur besten Fernsehserie des Jahres 2018: Sie sei „bei all der Spannung, den Schocks und dem Blut vor allem sehr, sehr menschlich und sehr, sehr lustig. Das eine führt gewöhnlich zum anderen, ganz wie im wahren Leben.“

Da passt es, dass Phoebe Waller-Bridge, auf ihre neue Aufgabe als Retterin des „James Bond“-Films angesprochen, erklärt hat, sie freue sich vor allem auf eines: aus den offenbar eher papierenen „James Bond“-Girls des vorliegenden Skripts „richtige Menschen“ zu machen.

Dafür ist sie zweifelsfrei die Richtige.

DIE SERIEN

„Fleabag“ basiert auf einem Ein-Personen-Stück, das Phoebe Waller-Bridge fürs Theater geschrieben hat. Die BBC beauftragte sie, daraus eine Serie zu entwickeln. „Fleabag“ wird von Amazon angeboten, ab 17. Mai ist die zweite Staffel zu sehen.

„Crashing“ über eine Wohngemeinschaft wider Willen läuft auf Netflix, war aber nicht ganz so erfolgreich und wirkt auch vergleichsweise zahm.

„Killing Eve“ mit Sandra Oh und Jodie Comer in den Hauptrollen läuft bei keinem der gängigen Streaminganbieter, die erste Staffel kann man auf iTunes kaufen.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 11.05.2019)

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