Trump lobt Orbán für Migrationspolitik

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US-HUNGARY-POLITICS-TRUMP-ORBAN-diplomacyAPA/AFP/BRENDAN SMIALOWSKI
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Als einer der letzten europäischen Regierungschefs wurde Ungarns Premier im Weißen Haus empfangen. Orbáns Politik gegenüber China und Russland sorgt in Washington für Ärger.

Budapest. Mehr als zwei Jahre hatte Viktor Orbán auf diesen Augenblick warten müssen. Umso mehr strahlte der ungarische Regierungschef dann, als er um 14.05 Uhr Washingtoner Zeit am Montag vor dem Weißen Haus aus dem Auto stieg und von Donald Trump begrüßt wurde. 15 Minuten unter vier Augen gewährte der US-Präsident seinem Gast aus Budapest im Oval Office, dann 30 weitere Minuten im engen Mitarbeiterkreis.

Danach lobte Trump hat den umstrittenen ungarischen Ministerpräsidenten. Orbán habe in vielerlei Hinsicht einen „hervorragenden“ Job gemacht, sagte Trump. Orbán sei ein „tougher“, aber respektierter Staatschef, der nach Meinung vieler Menschen das Richtige bei der Einwanderungspolitik gemacht habe. „Wahrscheinlich genau wie ich ein bisschen umstritten, aber das ist okay“, fügte der US-Präsident hinzu.

Anhänger Orbáns hatten das Treffen schon im Vorfeld euphorisch begrüßt: Endlich zeige sich, dass die beiden Regierungschefs sich als enge Verbündete betrachteten. Die politische Eiszeit zwischen Budapest und Washington unter Trumps Vorgänger Barack Obama sei beendet. Und die unter Obama gängigen Vorwürfe, Orbán untergrabe demokratische Standards, seien ad acta gelegt.

Kritiker Orbáns verwiesen hingegen darauf, dass Orbán als letzter Premier der Region in Washington empfangen wurde – sogar der slowakische Regierungschef Peter Pellegrini war vor ihm da. Gleichzeitig hieß das US-Außenministerium am Montag einen seiner Herausforderer aus den Reihen der Opposition, Péter Márki-Zay, willkommen.

Der Premier und die Nato

Das Weiße Haus hatte bereits Tage vor dem Treffen mitgeteilt, es werde bei der Zusammenkunft um die Vertiefung der bilateralen Beziehungen in Handel, Energie und Cybersicherheit gehen sowie um die Verpflichtungen des Nato-Mitglieds Ungarns. Im Jänner hatte ein Artikel im „Wall Street Journal“ eine heftige Kontroverse über die Amerika-Politik Budapests ausgelöst: Orbán habe in vertraulichen Gesprächen seine Haltung gegenüber den USA und Russland sowie in der Nato als „neutral wie Österreich“ bezeichnet. Das klang nicht nach Loyalität in der Allianz. Das Premiersbüro reagierte umgehend: Das seien Fake News.

Das Weiße Haus sah offenbar Gesprächsbedarf, auch wenn Ungarn seine Pflichten in der Nato erfüllt, seine Rüstungsausgaben drastisch erhöht und an Auslandsmissionen der Allianz in Afghanistan und im Kosovo teilnimmt. Ungarische Kampfjets helfen bei der Sicherung des Luftraums der baltischen Republiken gegen russische Drohgebärden.

Politik des Gleichgewichts

Dennoch zielt Orbáns Politik auf eine Art Gleichgewicht in den Beziehungen zu den „Großmächten“, worunter er unter anderem Deutschland, China, Russland und natürlich die USA versteht. Der Grundgedanke: Allen „etwas geben, damit sie ein Interesse daran haben, dass Ungarn erfolgreich ist“. Den Deutschen wirtschaftliche Kooperation, den Russen den Mammut-Auftrag für eine Ausweitung des Atomkraftwerks bei Paks, den Chinesen eine „logistische Drehscheibe“ für ihre Exporte nach Europa – und den USA vor allem militärische Zusammenarbeit.

Da ist durchaus ein Hauch von Äquidistanz, und deshalb sind die USA auch unter US-Präsident Trump verärgert. Geopolitisch will Washington ein Ostmitteleuropa, das den USA die Treue hält – und nicht etwa Putin oder den Chinesen die Tür nach Europa öffnet.

Anders als die Obama-Regierung, die Orbán mit politischem Liebesentzug und Druck zur Räson bringen wollte, demonstriert Trump aber eine Bereitschaft, auf Ungarn und andere Länder der Region zuzugehen. Sein Außenminister Mike Pompeo besuchte Budapest, und der neue US-Botschafter David Cornstein verhält sich sehr viel freundlicher als frühere US-Vertreter unter Obama.

Dennoch haben die USA zu verstehen gegeben, dass sie für ihre freundliche Haltung eine Gegenleistung sehen möchten. Orbán unterstützte zwar als einziger EU-Regierungschef Trump im Wahlkampf 2016. Er zeigte sich aber auch sehr viel resistenter gegenüber amerikanischen Wünschen als Amtskollegen aus der Region. So hält er an seiner Politik der Öffnung gegenüber China und Russland fest und blockiert die Nato-Integration der Ukraine, weil ihm das ukrainische Minderheitengesetz nicht gefällt.

In seinen Beziehungen zu den USA will Orbán deshalb die militärische Zusammenarbeit weiter stärken. Schon vor dem Treffen mit Trump verlautete, Ungarn wolle US-Luftabwehrsysteme kaufen, vielleicht auch F-35-Kampfjets. Denkbar sei auch, dass Orbán amerikanisches Flüssiggas bestelle, um die Abhängigkeit von russischem Erdgas zu verringern. 

("Die Presse", Print-Ausgabe, 14.05.2019)

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