EuGH: Mitgliedstaaten müssen Arbeitgeber zu Arbeitszeiterfassung verpflichten

Zeiterfassung von Angestellten
Zeiterfassung von Angestellten(c) imago/photothek (Thomas Koehler/photothek.net)
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Nur so lasse sich überprüfen, ob zulässige Arbeitszeiten überschritten würden, so die obersten EU-Richter.

Die Mitgliedstaaten der EU müssen die Arbeitgeber verpflichten, Systeme zur Arbeitszeiterfassung einzurichten. Das hat der Europäische Gerichtshof in Luxemburg entschieden. Nur so lasse sich überprüfen, ob zulässige Arbeitszeiten überschritten würden. Demnach ist die Einhaltung von Höchstarbeitsgrenzen und Ruhezeiten ein Grundrecht in der Europäischen Union.

Der Gerichtshof stellt fest, dass ohne die Messung der tatsächlichen Arbeitszeit weder die Zahl der Überstunden noch die zeitliche Verteilung der Arbeitszeit verlässlich ermittelt werden kann. Arbeitgeber müssen aber sicherstellen, dass Beschäftigte pro Woche maximal 48 Stunden arbeiten und täglich elf Stunden Pause am Stück bekommen.Die Entscheidung stärkt also die rechtliche Situation der Arbeitnehmer.

Im konkreten Fall musste der EuGH im Streit zwischen einer spanischen Gewerkschaft und der Deutschen Bank SAE entscheiden. Das Urteil wird aber auch Folgen für Deutschland haben, weil die rechtliche Situation dort ähnlich ist wie in Spanien: Bisher gibt es dort nur in einzelnen Branchen eine Pflicht zur Arbeitszeiterfassung. In Österreich sind Arbeitgeber auch jetzt schon verpflichtet, Arbeitszeitaufzeichnungen zu führen.

WKÖ: Keine Auswirkungen auf Österreich

Das Urteil des EuGH habe keinerlei Auswirkungen auf Österreich, stellt Rolf Gleißner, Arbeitszeit-Experte der Wirtschaftskammer Österreich (WKÖ), klar. Nach der österreichischen Gesetzeslage werden Beginn und Ende der Arbeitszeit ohnehin lückenlos aufgezeichnet, dasselbe gilt für Pausen. Gleißner zeigt daher wenig Verständnis dafür, dass vor dem Hintergrund des Urteils nun Forderungen erhoben werden. Er spricht dabei die Aussage von Arbeiterkammer-Präsidentin Renate Anderl an, wonach es keine Verfallsfristen für Überstunden mehr geben solle. "Diese Verfallsfristen sind zwischen Wirtschaftskammer und Gewerkschaften in den Kollektivverträgen vereinbart und dienen dazu, beiden Seiten Rechtssicherheit zu geben", so Gleißner.

Eine Begründung des EuGH für seine Entscheidung ist es auch, durch penible Aufzeichnung sicherzustellen, dass die Höchstarbeitszeit nicht überschritten wird. Diese Sorge ist Gleißner zufolge in Österreich in der Regel unbegründet. "Die tatsächlich geleistete Arbeitszeit geht seit Jahren zurück. Wie Eurostat-Zahlen belegen, arbeiten die Österreicher Jahr für Jahr eine Viertelstunde weniger."

(dpa)

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