Neos blockieren Staatsziel Wirtschaft in der Verfassung weiterhin

INTERVIEW: MEINL-REISINGER
INTERVIEW: MEINL-REISINGERAPA/ROLAND SCHLAGER
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Weil Türkis-Blau auf keine Entlastungen setze, verweigern die Neos die Zwei-Drittel-Mehrheit im Nationalrat. Die ÖVP hofft auf die Unterstützung von SPÖ-Bundesräten aus dem Burgenland.

Mit der Staatszielbestimmung Wirtschaft wird es wohl nichts. Neos-Wirtschaftssprecher Sepp Schellhorn bekräftigte am Dienstag, dass seine Partei nicht die Stimmen für die nötige Zwei-Drittel-Mehrheit liefern wird. Freilich hätte auch die nichts genutzt, da die SPÖ neuerlich eine Blockade im Bundesrat avisierte.

Der Widerstand der Neos rührt daher, dass die Regierung nicht bereit sei im Gegenzug sofort Entlastungen für Unternehmer umzusetzen. Nicht einmal einer Kürzung der (Wirtschafts-)Kammer-Umlage zwei habe die Koalition zugestimmt, obwohl das eigentlich die Reinform des Sparens im System wäre, wie Klubobfrau Beate Meinl-Reisinger bei einer Pressekonferenz ausführte.

Kurz „Professor der heißen Luft“ 

Ohnehin werfen die Neos der Regierung wirtschaftspolitische Ahnungslosigkeit vor. Schellhorn nannte Kanzler Sebastian Kurz (ÖVP) mehrfach "Professor der heißen Luft". Der wolle zwar zehn Buchstaben in die Verfassung schreiben lassen, aber weder etwas für die Unternehmen noch für deren Beschäftigte tun.

Auch bei der Steuerreform warte man noch immer auf die Abschaffung der "kalten Progression". Dass Kurz diese als unsozial bezeichnet hatte, sieht Schellhorn entweder als Chuzpe oder - wahrscheinlicher - als Zeichen dafür, dass sich der ÖVP-Chef nicht auskenne. Die Neos wollen jedenfalls am Mittwoch im Nationalrat ein eigenes Entlastungspaket einbringen.

SPÖ: „Verfassungsbestimmung der Profitgier“ 

Freilich hätte die Zustimmung der Neos im Nationalrat am Mittwoch allein nicht ausgereicht: Weil das Staatsziel auch Länder und Gemeinden binden würde, ist nämlich auch im Bundesrat eine Zweidrittelmehrheit nötig - und die könnte nur die SPÖ liefern. Deren Vizeklubchef Jörg Leichtfried zeigte sich dazu am Dienstag aber nicht bereit und geißelte die Staatszielbestimmung für "Nachhaltigkeit und Wirtschaftsstandort" als "Verfassungsbestimmung der Profitgier".

"Die Intention ist es, Profitinteressen über die Interessen der Menschen und der Umwelt zu stellen", meinte Leichtfried. Er befürchtet, dass so eine Ausweitung des Urlaubsanspruches oder die Rücknahme des Zwölfstunden-Arbeitstages künftig erschwert würde. Die SPÖ will im Nationalrat stattdessen Verbesserungen im Arbeitsrecht beantragen und von Sozialministerin Beate Hartinger-Klein (FPÖ) per Dringlicher Anfrage erfahren, wie sie die für die Steuerreform nötigen Einsparungen stemmen will.

ÖVP hofft auf Bundesräte aus dem Burgenland

Die ÖVP weist die Befürchtungen der SPÖ zurück. Es gehe nicht um das Aushebeln des Umweltschutzes, sondern um die Möglichkeit, Ökonomie und Ökologie auf Augenhöhe zu betrachten, meinte Verkehrssprecher Andreas Ottenschläger. Außerdem verwies er darauf, dass auch das SPÖ-geführte Burgenland die Staatszielbestimmung unterstützt. Einen entsprechenden Beschluss hat der Landtag im vorigen Mai gefasst; er wurde vom damaligen Landeshauptmann Hans Niessl (ÖVP) auch schriftlich an die Regierung übermittelt.

Ottenschläger hofft daher dass die zwei burgenländischen SPÖ-Bundesräte und einige "pragmatische" Wiener Rote im Bundesrat mit ÖVP und FPÖ stimmen könnten, sollten die Neos das Staatsziel doch noch durch den Nationalrat bringen. Angesichts der knappen Stimmverhältnisse könne das für eine Zweidrittelmehrheit reichen, so der ÖVP-Abgeordnete.

(APA)

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