Friedrich Kovar, oberster Hüter der Menschenrechte in der Wiener Polizei, im „Presse“-Interview.
„Die Presse“: Unter welchem Aspekt sehen Sie die Festnahme und Abschiebung der Nigerianer durch Ihre Polizeikollegen?
Friedrich Kovar: In einem Rechtsstaat muss es unter Wahrung der Verhältnismäßigkeit möglich sein, Gesetze durchzusetzen. Und wenn eben die letzte Möglichkeit darin besteht, das bei einem Fußballmatch zu machen, wird auch das zulässig sein müssen.
Sie finden diese Vorgangsweise also in Ordnung?
Kovar: Nach den mir vorliegenden Berichten war die Amtshandlung korrekt. Was die Durchführung betrifft, sind mir bisher keine Beschwerden bekannt geworden.
Sie sind, wie gestern offiziell bekannt wurde, seit 1.Mai Referent für menschenrechtskonformes Einschreiten im Landespolizeikommando. Was machen Sie?
Kovar: Ich schaue mir mit dem Fokus auf Menschenrechte Ziele und Prozesse polizeilichen Handelns an. Ich unterstütze Kollegen bei ihrer oft schweren und sehr komplexen Aufgabenerfüllung. Führungsverantwortlichen möchte ich auch „menschenrechtlich“ als Coach zur Verfügung stehen. Außerdem will ich die Sprache der Polizei in die Sprache von NGOs übersetzen – und umgekehrt.
Können Sie von sich aus eingreifen, wenn Ihnen etwas Negatives im Dienstbetrieb auffällt?
Kovar: Eingreifen nicht im wörtlichen Sinn. Ich mische mich nicht in Amtshandlungen ein, meine Einschätzungen teile ich meinem Vorgesetzten, Landespolizeikommandant Mahrer mit.
De facto üben Sie diese Position schon seit 2007 aus, seit Mai 2010 offiziell. Was haben Sie in den vergangenen drei Jahren konkret getan?
Kovar: Das Thema Menschenrechte ist seither in der Fortbildung von Polizisten verpflichtend. Außerdem bringe ich regelmäßig Spitzenbeamte der Polizei mit Vertretern von NGOs zusammen, das fördert das gegenseitige Verständnis.
("Die Presse", Print-Ausgabe, 05.05.2010)