Charter-Abschiebungen nehmen zu

2009 flogen 621 Ausgewiesene in speziellen Maschinen in ihre Heimat zurück.

WIEN (stög.). Seit einigen Jahren bemüht sich die EU, Abschiebungen von Menschen aus Mitteleuropa in fernere Destinationen gemeinsam durchzuführen. Dabei hilft auch die EU-Grenzschutzagentur Frontex mit Sitz in Warschau. Von dort aus werden gemeinsame Abschiebungen in gecharterten Flugzeugen organisiert. Ziele dieser Flüge sind in den meisten Fällen Länder in Westafrika, Zentralasien oder im Kaukasus.

Laut Innenministerium wurden im vergangenen Jahr in Österreich 50 derartige Abschiebungen in Chartermaschinen durchgeführt. An Bord waren 621 Menschen. Im Jahr 2008 gab es 37 derartige Charterflüge mit 418 „rückgeführten“ Personen, wie das Innenministerium berichtet. 2009 wurden exakt 84 aus Nigeria stammende Menschen in ihre Heimat abgeschoben, 60 davon in Chartermaschinen. Im Jahr zuvor waren es 30, von ihnen saßen 14 in gecharterten Flugzeugen. Zusätzlich reisten 2009 insgesamt 75 Nigerianer freiwillig in ihre Heimat aus, 2008 kehrten 64 Menschen aus Nigeria freiwillig zurück.

„Ein Mitgliedstaat informiert uns über einen bevorstehenden Retournierungsflug und über freie Plätze an Bord. Wir verteilen die Information in den anderen Mitgliedstaaten unter Angabe der Destination und der Anzahl der freien Plätze“, berichtete ein Frontex-Sprecher.

Österreich hat bei den koordinierten Gemeinschaftsabschiebungen von Anfang an eine führende Rolle übernommen. Die erste Retournierung, bei der Frontex assistiert hat, war ein Flug nach Armenien und Georgien im Juni 2006. „Dieser Flug wurde von Österreich und Polen organisiert, Frankreich nahm auch daran teil“, heißt es bei Frontex.

Die Flüge werden von speziell ausgebildeten Beamten von EKO Cobra und Wega begleitet. Aber auch diese Ausbildung schützt nicht vor Problemen. Im April 2006 kehrten Wega-Polizisten mit einem Schubhäftling um, weil er auf dem Flughafen randalierte. Als „Strafe“ fuhren sie mit ihm in eine Lagerhalle und misshandelten ihn dort schwer. Hohe Wellen schlug auch der Fall des nigerianischen Schubhäftlings Marcus Omofuma, der auf dem Flug nach Sofia in Polizeigewahrsam starb. Die drei begleitenden Polizisten hatten ihn gefesselt und geknebelt.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 05.05.2010)

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