Wie Schüler hinausgeworfen werden

Lehrer und Schüler fordern raschere Ausschlüsse, der Bildungminister will die Verfahren optimieren. Bei Suspendierungen liegen die Mittelschulen weit vorne.

Wien. Am meisten gestresst sind Lehrer durch ständige Reformen, schlechtes Image und Papierkram. Fast jeder zweite Lehrer in Wien und Niederösterreich leidet allerdings auch darunter, dass es zu wenig Sanktionsmöglichkeiten für undisziplinierte Schüler gibt. Das zeigt eine aktuelle Studie der Pädagogischen Hochschule (PH) Niederösterreich, über die die „Krone“ berichtet hat. Die Studienautoren sehen einen Handlungsauftrag, ihnen mehr Möglichkeiten zu geben.

Nach der Spuckaffäre an der HTL Ottakring stehen nun neben den sogenannten Time-out-Gruppen (siehe oben) hier auch die Verfahren zum Schulausschluss im Fokus. Schüler, Lehrer und Direktoren forderten im ORF-Radio die Option, einen Ausschluss direkt am Schulstandort zu beschließen. Bildungsminister Heinz Faßmann (ÖVP) – der hier zuletzt für zügige Verfahren plädiert hat – hält aber einen Double Check für gut.

Aktuell kann eine Schule in einer Disziplinarkonferenz den Ausschluss eines Schülers nur beantragen. In der HTL Ottakring ist das in sechs Fällen passiert. Ob die Schüler tatsächlich ausgeschlossen werden, entscheidet die Bildungsdirektion (Ex-Stadtschulrat). Faßmann will das Zusammenspiel zwischen den Schulen und den Bildungsdirektionen optimieren.

Der Ausschluss ist laut Schulunterrichtsgesetz dann vorgesehen, wenn ein Schüler seine Pflichten schwerwiegend verletzt, andere Maßnahmen erfolglos bleiben oder wenn er er mit seinem Verhalten die Sittlichkeit, körperliche Sicherheit oder das Eigentum von Mitschülern oder anderen an der Schule tätigen Personen dauerhaft gefährdet. Wenn die Bildungsdirektion für einen Ausschluss entscheidet, kann sich dieser auf eine Schule beziehen – oder sogar auf alle in einem bestimmten Umkreis.

Was mit den ausgeschlossenen Schülern passiert, hängt von ihrem Alter ab: Sind sie noch schulpflichtig, müssen sie in irgendeiner anderen Schule unterkommen. Dafür sorgt dann die Schulaufsicht, wie es aus der Bildungsdirektion Wien heißt. Schüler, die nicht mehr der Schulpflicht unterliegen, haben es schwerer. Sie können sich bei anderen Schulen bewerben, müssen aber nicht genommen werden.

Die Vorstufe zum Schulverweis ist die Suspendierung, mit der die Schüler bis zu vier Wochen vom Unterricht ausgeschlossen werden können. In Wien liegen hier die Mittelschulen deutlich vorne. Von den 278 Malen, die diese Maßnahme vergangenes Schuljahr ausgesprochen wurde, betreffen 145 Mittelschüler. Zum Vergleich: An den AHS, die mit 65.000 Schülern fast doppelt so viele Jugendliche haben, waren es im selben Zeitraum nur acht Suspendierungen.

Bald Entscheidung an HTL

Ob die sechs HTL-Schüler aus Ottakring wirklich der Schule verwiesen werden, soll kommende Woche entschieden werden. Dann soll die eigens eingerichtete Kommission zur Aufklärung der Eskalation ihren Bericht vorlegen. Auch, was mit dem Lehrer passiert, wird dann entschieden. (APA/red.)

("Die Presse", Print-Ausgabe, 15.05.2019)

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