Annäherung bei Gruppenbesteuerung

(c) APA (ROLAND SCHLAGER)
  • Drucken

Finanzminister Pröll will Konzerne „nicht ungeschoren“ lassen, SPÖ verzichtet auf völlige Abschaffung.

Wien. Der SPÖ ist die Regelung seit Jahren ein Dorn im Auge: Die Gruppenbesteuerung, mit der Konzerne Verluste ihrer Auslandstöchter geltend machen können, ist von Anbeginn bekämpft worden: Ein „Steuergeschenk für die Reichen“ sei sie, so die plakative Formulierung sozialdemokratischer Kämpfer für die Steuergerechtigkeit. Wasser auf ihre Mühlen war das jüngste Bilanzergebnis der Bank Austria, die unter anderem wegen der Gruppenbesteuerung keine Ertragssteuern abliefern muss – und das trotz eines Nettogewinns von 1,15 Milliarden Euro.

Die Kampagne dürfte jetzt auf fruchtbaren Boden gefallen sein. Auch Finanzminister Josef Pröll kann sich nun Änderungen vorstellen, er gibt sich gesprächsbereit. „Es wird niemand ungeschoren davonkommen“, so der ÖVP-Chef am Dienstag, angesprochen auf eine mögliche Auflockerung der Position bei Stiftungssteuern und Gruppenbesteuerung. Davor hatten sich schon schwarze Christgewerkschafter (FCG), angefangen mit FCG-Boss Norbert Schnedl Anfang März in einem „Presse“-Interview, für Änderungen ausgesprochen.

Einer Abschaffung der Gruppenbesteuerung erteilte Pröll aber eine Absage. Diese habe sich in den vergangenen Jahren zu einem Standortvorteil entwickelt, viele Konzernzentralen hätten sich in Österreich angesiedelt. Doch damit ist Pröll gar nicht mehr so weit von der SPÖ-Position entfernt. Auch Sozialdemokraten fordern nicht mehr eine Abschaffung, sondern lediglich ein „Zurückstutzen auf europäisches Maß“, so Finanzstaatssekretär Andreas Schieder.

Was das genau bedeutet? Auch in anderen EU-Staaten gibt es Regeln für die Gruppenbesteuerung. Dort können allerdings nur Verluste von Konzerntöchtern in der EU geltend gemacht werden. In diese Richtung könnte es in Österreich auch gehen, heißt es von SPÖ-Seite. Und man gibt sich dort durchaus verhandlungsbereit: So könnte die Gruppenbesteuerung auf einige weitere Länder, etwa Kroatien und Serbien, ausgedehnt werden.

Weitere SPÖ-Wünsche: Es müsse sichergestellt sein, dass Konzerne nicht nur Verluste, sondern auch Gewinne ihrer Auslandstöchter in Österreich anrechnen. Und: Die Frage, was eine „Gruppe“ ist, soll klarer geregelt sein. Derzeit definiert das der Eigentümer.

220 Millionen Euro im Jahr

Umstritten ist, wie viel die Gruppenbesteuerung überhaupt kostet und wie viel daher bei einer Abschaffung oder Änderung für den Finanzminister zu holen wäre. Das Finanzministerium schätzt den Entfall an Einnahmen auf rund 100 Millionen Euro im Jahr. Bei der SPÖ geht man dagegen von bis zu 700 Mio. Euro aus. Das Institut für Höhere Studien ist bei seiner Schätzung näher an den Zahlen des Finanzministers: Dort wird der Effekt der Begünstigung mit 170 Mio. Euro bewertet. Der Förderbericht des Bundes setzt den Wert mit 220 Mio. Euro an.

Auf SPÖ-Seite sieht man all die Zahlen skeptisch: Sie würden sich auf eine Phase beziehen, in der Hochkonjunktur herrschte und Verluste von Auslandstöchtern nicht so häufig vorkamen. Für das Vorjahr rechnet man mit höheren Summen – und verweist auf das Beispiel der Bank Austria, die allein schon einen 300-Mio.-Euro-Verlust ihrer kasachischen Tochter geltend gemacht hat.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 05.05.2010)

Lesen Sie mehr zu diesen Themen:

Mehr erfahren

Innenpolitik

Sparpläne: Familienbeihilfe im Ausland entzweit ÖVP

Staatssekretärin Marek kritisiert Stil und Vorschlag Lopatkas. Verfassungsexperte hält dessen Idee – Zahlung je nach Lebenshaltungskosten – für zulässig.
 ÖVP will Familienbeihilfe für Ausländer kürzen
Innenpolitik

ÖVP will Familienbeihilfe für Ausländer kürzen

Staatssekretär Reinhold Lopatka prescht im Gespräch mit der "Presse" mit einem heiklen Sparplan vor. Der VP-Politiker will Leistungen für Kinder im Ausland senken.
NGOs wollen ''Überfluss besteuern''
Politik

NGOs wollen "Überfluss besteuern"

Die Organisationen Attac, die Armutskonferenz, Global 2000 oder SOS Mitmensch wollen 13,4 Milliarden Euro für Bildung, Gesundheit und Ökologie über zusätzliche "Steuern von Reichen" lukrieren.
oesterreicher wollen Managern Asylanten
Politik

Österreicher wollen bei Managern und Asylanten sparen

Zum Abbau der Staatsschulden sollten nach Ansicht der Österreicher vor allem Manager sowie Asywerber und Flüchtlinge zur Kasse gebeten werden. Das geht aus einer IMAS-Umfrage hervor.
Innenpolitik

Vermögenssteuer kein Tabu mehr in der ÖVP

Sausgruber verlangt Beitrag von hohen Einkommen.

Dieser Browser wird nicht mehr unterstützt
Bitte wechseln Sie zu einem unterstützten Browser wie Chrome, Firefox, Safari oder Edge.