Das Essen als Beilage

Schloss Hollenegg. Rituale und Sitten rund um den Tisch: im historischen Kontext.
Schloss Hollenegg. Rituale und Sitten rund um den Tisch: im historischen Kontext. ÉCAL/Sandahl, Lehman, Dähler
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Eine Designausstellung auf Schloss Hollenegg zeigt: Der Tisch ist vor allem eines – Kommunikationsplattform.

Der Tisch, dem traut man so einiges zu. Sonst hätte er es nicht ins Lexikon der deutschen Phraseologismen geschafft. Unter: "sich an einen Tisch setzen." Er bringt eben die Menschen zusammen. Und wirft dabei sogar oft ein paar kommunikative Lösungen ab. Manchmal hat der Tisch aber auch getrennt, für immer sogar: Zumindest durch den Giftbecher, der auf ihm stand. Heute jedoch überwiegt das Teilen von Essen und Inhalten quer über den Tisch und die Freude daran. Den Verhaltenskodex dazu muss man zum Glück nicht ständig neu ausdiskutieren, da bleibt Zeit für das Wichtigste: die Kommunikation. "Ursprünglich dienten ja die Tischmanieren auch dazu, die Sicherheit am Tisch zu regeln", erzählt Alice Stori Liechtenstein von Zeiten, als den Menschen mit dem Messer am Tisch noch gefährlichere Dinge einfielen, als Gemüse zu zerteilen.

Fläche. Die Ausstellung „Ad Mensam“ holt den Tisch und seine Gestaltung vor den Vorhang.
Fläche. Die Ausstellung „Ad Mensam“ holt den Tisch und seine Gestaltung vor den Vorhang. ÉCAL/Sandahl, Lehman, Dähler


Liechtenstein ist Designkuratorin und gleichzeitig auch Gastgeberin: Denn seit 2015 hat sie das Schloss Hollenegg in der Steiermark auf der Karte der internationalen Designlandschaft nachhaltig eingezeichnet. Als neuen Ort der kulturellen Auseinandersetzung mit Gestaltung, aber auch als Heimat für "Designer in Residence". Und vor allem auch als Raum für Ausstellungen.

"Ad Mensam" ruft die aktuelle etwa in ihrem Titel aus, sie ist Teil des Designmonats Graz, der ab 10.Mai bis 9.Juni die Events, Ausstellungen und Auseinandersetzung rund um Gestaltung in der Steiermark deutlich verdichtet. Im Schloss Hollenegg lässt Liechtenstein das Design rund um den Tisch kreisen, samt Ritualen, Sitten und Kulturen, die sich in seiner Umlaufbahn bewegen. 21Projekte versammelt sie dafür in den historischen Räumlichkeiten, 18 davon seien extra für die aktuelle Ausstellung zustande gekommen.

Der historische Rahmen ist auch stets Referenzpunkt der Ausstellungen. "Die Themen haben immer einen Bezug zum Schloss, der örtliche Kontext ist hier besonders wichtig", sagt Liechtenstein. Und im Schloss Hollenegg war Repräsentation stets eine der Hauptaufgaben, die das Interieur auch zu erledigen hatte. Auch der Tisch war in der Geschichte dieses Ortes die Plattform dafür. Wie auch für Rituale. "Bei meinen Kindern hat sich irgendwann die Frage gestellt: Warum setzen wir uns eigentlich dreimal am Tag gemeinsam an den Tisch?"

Rituell. Mit der „Architektur der Tee-Zeremonie“ beschäftigte sich der Designer Nel Verbeke.
Rituell. Mit der „Architektur der Tee-Zeremonie“ beschäftigte sich der Designer Nel Verbeke. ÉCAL/Sandahl, Lehman, Dähler

Sprechanlässe

Hunger und Durst, allein das kann der Grund sein, sich am Tisch zu treffen. "Doch oft ist das Essen nur der Vorwand für die Kommunikation", sagt Liechtenstein. Seit vier Jahren öffnet sie das Schloss nicht nur Designern und Design-Interessierten, sondern vor allem auch verschiedensten Themen der zeitgenössischen Gestaltung, dabei gern auch Ansätzen, die auch gesellschaftliche Interpretationen zulassen. "Das Zusammenkommen und -sein am Tisch ist ein wichtiger Teil unserer Gesellschaft", sagt die Kuratorin. Der Tisch ist schließlich die Fläche der Vergemeinschaftung. Nicht nur für jene, die sich untereinander ohnehin schon familiär verbunden fühlen. Sondern auch für alle anderen. "Es hat dann schließlich auch eine politische Implikation, wen man am Tisch sitzen lässt und wen nicht. Für wen hat man einen Platz frei?" Auch diese Frage darf gern in den Köpfen der Ausstellungsbesucher aufpoppen, wenn es nach der Kuratorin geht. "Jedes Projekt widmet sich einem unterschiedlichen Zugang."

Die Illustratorin Katie Scott etwa legt ihren gemeinsam mit der Wiener Glasmanufaktur Lobmeyr. Und gleichzeitig über die Frage, was man denn da am Tisch zu sich nimmt. Als Motive, die sie auf Gläser gravieren ließ, wählte sie Gifte und Gegengifte. Die amerikanische Designerin Katie Stout hingegen bemalte in Kooperation mit Augarten Porzellan eine Garnitur Teller. Dabei strich sie inhaltlich vor allem eines hervor: Welche Rolle die Frau am Tisch im Lauf der Geschichte einnahm.

"Ad Mensam"

Vom 17. Mai bis 27. Mai ist die Designausstellung auf Schloss Hollenegg zu sehen. Im Rahmen des Designmonats Graz, www.designmonat.at.

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