Bei den Festspielen in Cannes wurde Alain Delon geehrt, der selbst sagte, dass er seine Frau schlug. Dabei zeigte sich das Festival vergangenes Jahr noch mit der #MeToo-Bewegung solidarisch.
Gleich zu mehreren Kontroversen musste Festivalleiter Thierry Fremaux Stellung beziehen, noch bevor die Festspiele eröffnet wurden - und sorgte mit seinem Auftreten für Irritation. Warum AlainDelon (83) die Ehrenpalme bekommt, obwohl er in einem TV-Interview unter anderem zugab, früher seine Frau geschlagen zu haben? Die Frage danach versuchte Fremaux zu unterbinden und griff den fragenden Journalisten persönlich an: "Ich weiß nicht, was Sie in Ihrem früheren Leben gemacht haben."
An der Palme für Delon hielt er jedenfalls fest. "Wir geben ihm ja nicht den Friedensnobelpreis." Diese Reaktion ist verwunderlich, hatte sich das Festival im vergangenen Jahr doch mit der #MeToo-Bewegung solidarisch gezeigt und "Null Toleranz gegenüber sexuellem Missbrauch und Missbrauch jeglicher Art" geschworen.
Auch Fragen nach der Gleichstellung von Frauen reizten Fremaux spürbar - von 21 Wettbewerbsfilmen stammen gerade einmal vier von Frauen (einer von der Österreicherin Jessica Hausner, Anm.). Die im vergangenen Jahr verabschiedete Erklärung "5050 in 2020", wonach bis 2020 ein ausgewogenes Geschlechterverhältnis herrschen soll, gelte nur für das Festival intern, erklärte Fremaux nun. "Es wäre ein Zeichen von Respektlosigkeit, einen Film nur auszuwählen, weil er von einer Frau stammt."
Inwiefern diese Themen auch während des Festivals für Debatten sorgen werden, bleibt offen. Die Jury um den mexikanischen Oscar-Preisträger Alejandro Gonzalez Inarritu ("The Revenant") hofft jedenfalls darauf, von den Filmen im Wettbewerb emotional mitgerissen zu werden. "Ich möchte versuchen, die Filme so anzuschauen, als wüsste ich nicht, wer Regie geführt hat", sagte der Mexikaner in Cannes. Weder bekannte Regie-Namen noch das Geschlecht der Filmemacher sollten eine Rolle spielen. "Wir sollten die Filme selbst bewerten."
Alain Delon
In den 1960er und 1970er-Jahren war Delon, der mit "Der eiskalte Engel" und "Der Leopard" weltberühmt wurde, ein großer Filmstar. Er galt als einer der schönsten Männer des französischen Kinos. In seiner Karriere drehte der 83-Jährige mehr als 80 Filme.
(APA/red.)