Vilimsky gegen Karas, nun auch im österreichischen Parlament

NATIONALRAT: BLÜMEL / KARAS / VILIMSKY
NATIONALRAT: BLÜMEL / KARAS / VILIMSKYAPA/JAKOB HUTER
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Koalitionsfrieden? Von wegen. Das Parlament wird am Mittwoch zur Wahlkampfbühne. Ein geladener Gast fällt besonders auf.

Wien. Obwohl an diesem Vormittag Europa im Mittelpunkt stehen soll, sitzen Othmar Karas und Harald Vilimsky versteckt in einer Ecke. Nationalratspräsident Wolfgang Sobotka (ÖVP) muss die geladenen Gäste aus dem EU-Parlament sogar ein zweites Mal „sehr herzlich begrüßen“ – nur für den Fall, „dass das untergegangen ist“. Der Platz im Abseits hat aber rein architektonische Gründe: Die Hofburg bietet als provisorischer Nationalratssaal neben der Regierungsbank und den Abgeordnetensesseln eben nur wenig Raum für zusätzliche Besucher. Inhaltlich stehen die beiden Spitzenkandidaten von Volkspartei und FPÖ dann doch recht schnell im Fokus.

ÖVP-Klubchef August Wöginger hat die aktuelle Europastunde mit dem Titel „Ordnung, gute Lebensperspektive und Hausverstand: Ein neuer Vertrag für die Zukunft Europas“ eingebracht. Man hätte es aber auch schlicht mit „Wahlkampf vor dem 26. Mai“ zusammenfassen können. Im Plenarsaal geht es am Mittwoch darum, die letzten Unentschlossenen zu überzeugen. Immerhin wird schon in eineinhalb Wochen gewählt. Und in den Parteizentralen bangt man, der Erfolg könnte einer geringen Wahlbeteiligung zum Opfer fallen.

Einer der beiden Gäste aus Brüssel versucht also, mit Angriffen auf sich aufmerksam zu machen. Nationalratspräsidentin Doris Bures (SPÖ), die in der Zwischenzeit den Vorsitz der Sitzung übernommen hat, muss schon in der ersten Redeminute mahnend eingreifen. „Im österreichischen Parlament verwenden wir das Wort Blödsinn nicht.“ FPÖ-Spitzenkandidat Vilimsky hat aber ohnehin ein breites Repertoire: Er spricht von einer Burleske, als SPÖ-Listenerster Andreas Schieder vor Rechtsextremen in Europa warnt, und sagt dann: „Ich bezeichne Sie ja auch nicht als linksextrem.“ Auf den Zwischenruf, dass er ja nicht direkt genannt worden sei, geht Harald Vilimsky nicht ein.

Zumal seine Mission an diesem Tag ohnehin eine andere ist: Vilimsky will die unterschiedlichen Positionen innerhalb der ÖVP aufzeigen. Es sei ja schön und gut, dass Bundeskanzler Sebastian Kurz für einen neuen EU-Vertrag und die Streichung von 1000 (nicht näher definierten) EU-Verordnungen eintreten würde. Aber: „Es gab keine Sitzung im Parlament, in der Karas nicht für mehr Brüssel gestimmt hätte.“ EVP-Chef Manfred Weber sei ohnehin „der Oberzentralisierer“. Und in Richtung Europaminister Gernot Blümel, der sich als Teil der türkisen ÖVP sieht: „Sie spielen im falschen Team.“ Dafür gibt es dann doch einen Zwischenruf aus den Reihen des Koalitionspartners: „Absurd! Nein!“, schreit der Abgeordnete Reinhold Lopatka in Richtung Rednerpult.

Karas will europaweites Referendum

Tatsächlich ist es für den ÖVP-Spitzenkandidaten Karas schwierig, die Brücke zwischen seiner Ode an die EU und den kritischen Wahlkampftönen seines Parteichefs zu schlagen. Daher malt Karas in seiner Rede lieber abstrakte Bilder: Die Europäische Union sei „ein erfolgreiches Projekt, wir dürfen uns aber nicht zurücklehnen“. Europa brauche ein „neues Miteinander“ – Schieder und Neos-Spitzenkandidatin Claudia Gamon schauen in den Abgeordnetenreihen beinahe gleichzeitig auf die Uhr. Dann wird Karas doch konkreter: Er wolle „die Mitte mobilisieren, die die Zukunft gestalten will“. Das soll durch ein europaweites Referendum über den künftigen, erneuerten EU-Vertrag möglich sein.

Gamon wird ihn später fragen, warum diese Vorschläge nicht während Österreichs EU-Ratspräsidentschaft gekommen sind. „Damals hat man nur den Migrationspakt abgelehnt und die Familienbeihilfe für EU-Bürger gekürzt.“ Eine Antwort gibt es darauf nicht, auch keinen Zwischenruf. Karas und Vilimsky sitzen wieder in der Ecke.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 16.05.2019)

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