Wenn der Jäger mit dem Koch

Zeichen lesen. Rudolf Obauer und Christoph Burgstaller auf der Pirsch.
Zeichen lesen. Rudolf Obauer und Christoph Burgstaller auf der Pirsch.(c) Armin Walcher
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Rudolf Obauer und Christoph Burgstaller rücken mit einem Prachtband Jagd und Wildbret in den Fokus.

Die Jagd ist im Wandel, und das kann ihrem Image nur guttun. Der Frauenanteil stieg innerhalb der letzten zwanzig Jahre von ein auf zehn Prozent. Jagdkurse werden immer öfter von jungen, gebildeten Städtern, darunter sogar vegetarisch lebenden, aufgesucht, denen es weniger um Trophäen geht als um das Verständnis von natürlichen Kreisläufen und um Prinzipien nachhaltiger Ernährung – mehr Freiland und natürliches Tierfutter geht schließlich nicht. Eine weitere positive Entwicklung: Heutige optische Geräte und Munition ermöglichen immer präzisere Arbeit und weniger Tierleid.

Lohn. Das Herz bekommt nicht immer der Mensch. Sondern auch der Jagdhund.
Lohn. Das Herz bekommt nicht immer der Mensch. Sondern auch der Jagdhund.(c) Armin Walcher

Und auch die Wildküche hat sich vom Mief des Wildschweinbratens mit unvermeidlicher preiselbeerbehäufter Orangenscheibe und Tiefkühlkroketten befreit und längst neue Sphären erkundet; mittlerweile ein Klassiker ist etwa im Steirer­eck der dünn aufgeschnittene Wildschwein–Kopf mit Purple-Haze-Karotten, Ananas, Radicchio und Buchweizen. Die Qualität von Wildbret steigt dank mehrerer Faktoren: Die Übernahmestellen sind strenger, es wird genauer geschossen und deutlich sorgfältiger aufgebrochen, die Kühlkette ist perfektioniert. Davon profitiert nicht nur der Wild liebende Privatkunde, sondern auch der Gastronomiestandort Österreich: Die große Auswahl an heimischem Wildbret ist sogar zu einem internationalen Atout geworden, wie Spitzenköche zu erzählen wissen – gerade ausländische Gäste fragen heute gezielt nach Wild.

Wissen. Von Jägern könne man, so Obauer, viel lernen, was die Tieranatomie betrifft.
Wissen. Von Jägern könne man, so Obauer, viel lernen, was die Tieranatomie betrifft.(c) Armin Walcher

Bewegungsmuster und Belohnungsrituale. Einer, der am Herd schon immer mit Gams und Co. arbeitete, ist Rudolf Obauer, seit über zwanzig Jahren Vier-Hauben-Koch im Salzburger Werfen. Gemeinsam mit dem Jäger, Ausbildner und Wildtierfotografen Christoph Burgstaller versucht er mit dem Opus magnum „Der Jaga und der Koch" (erschienen bei Servus) einem größeren Publikum die Jagd und das heimische Wildbret näherzubringen. Aufgezeichnet hat ihr Wissen der Autor Werner Meisinger.

Kochen. Unter den Rezepten von Rudi Obauer: Rehbeuschel mit Schwammerln.
Kochen. Unter den Rezepten von Rudi Obauer: Rehbeuschel mit Schwammerln.(c) Armin Walcher

Es ist – nicht nur was die Ausmaße betrifft  – ein großes Buch geworden. Von den Bewegungsmustern der Fasane über Rammlerwolle (die bei Rangordnungskämpfen von Feldhasen übrig bleibt), die Belohnungsrituale zwischen Jäger und Jagdhund bis hin zum überaus gesunden Appetit von Wildschweinen liefert „Der Jaga und der Koch" süffig geschriebene Einblicke in ein weitläufiges Revier, das so viele Lebensbereiche umspannt. Es ist eine Liebeserklärung an die Jagd geworden, eine Liebeserklärung an Wildbret.

Prachtstück. Hirschrücken kommt etwa mit Kürbis zu Tisch.
Prachtstück. Hirschrücken kommt etwa mit Kürbis zu Tisch.(c) Armin Walcher

Das ganze Reh. Rudi Obauer sagt über sich: „Zum Jäger bin ich nicht geeignet. Ich will und kann kein Tier erlegen." Er ist dafür ein umso passionierterer Wildbretkoch. Von ihm erfährt man in „Der Jaga und der Koch" vieles über den Einsatz dieses Fleisches. Der ideale Küchenhase etwa sei kräftig, aber jung – zumindest wenn man ihn nur kurz garen will. Rehfleisch bevorzugt der Koch später im Jahr, wenn es so richtig nach Wild schmeckt. „Bei keinem anderen Wild kenne ich so markante Unterschiede in den Jahreszeiten." Rudi Obauer (das mit seinem Bruder Karl geführte Restaurant feiert diesen Mai übrigens 40 Jahre) ist ein Verfechter vom Verwerten des ganzen Tiers: „Wenn man nur Rücken und Keulen verwenden würde, wäre nicht viel dran an einem Reh. Man kann aber aus jedem Fleisch vom Reh und auch aus Leber, Lunge, Zunge, Herz und Nieren gute Gerichte zubereiten." Wie Rehbeuschel mit Schwammerln, Rehzunge in Bohnensuppe, Rehleberterrine mit Majoran. Für den Wildbret-Anfänger gilt: Man muss ja nicht mit Hirschkalbskutteln oder Murmeltier mit Liebstöckelsauce einsteigen. Ein vergleichsweise harmloser Maibockschlegel mit Frühlingskräutercreme oder ein Hirschragout mit Rahmpolenta tun es erst einmal auch.

(c) Armin Walcher

Buchtipp

Christoph Burgstaller, Rudolf Obauer: „Der Jaga und der Koch“. Texte von Werner Meisinger, Fotos von Armin Walcher. Servus, 48 Euro.

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