Steuerberatung

Der Letzte dreht das Licht ab

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Auch Steuerberater gehen demografiebedingt jetzt massenhaft in Pension. Die meisten von ihnen wollen ihre Kanzlei verkaufen. Worauf Käufer schauen und welche Anfängerfehler sie sich besser ersparen sollten.

Wenn nachts in einer Steuerberatung noch Licht brennt, heißt das nicht zwangsläufig, dass der Eigentümer über Klientenakten brütet. Er kann auch grübeln, was mit seiner Kanzlei passieren soll. Denn bei 100 bis 150 der 2500 heimischen Steuerberatungen planen die Eigentümer, in Pension zu gehen – jährlich, die nächsten zehn Jahre lang. Die Zahlen kommen von Klaus Hübner, Präsident der Kammer der Steuerberater und Wirtschaftsprüfer sowie Gründungspartner der gleichnamigen Steuerberatungskanzlei.

Grundsätzlich gibt es vier Möglichkeiten: Nachfolger aufbauen, vererben, verkaufen und zusperren. Bei Weitem die meisten wollen verkaufen. Was nicht so schwierig sein sollte, meint Hübner. Man lerne sich auf einer der zahllosen Weiterbildungen kennen, inseriere im Branchenblatt, engagiere spezialisierte Dienstleister. „Auf einen Verkäufer kommen zehn potenzielle Käufer“, betont Hübner.

Ganz so einfach ist es nicht, wägt Wolfgang Dibiasi ab, Geschäftsführer der Kanzlei Artus und selbst ein Wiederholungskäufer. Hier ist der Succus aus den beiden Gesprächen.

Richtpreis. 80 bis 100 Prozent des Jahresumsatzes, in seltenen Fällen sind auch 110 Prozent möglich. Wird der Umsatz jedoch mit wenigen Klienten gemacht, ist man von diesen abhängig. Gegen solches Klumpenrisiko würden Abschmelzklauseln helfen, sagt Dibiasi. Dann sieht man Teilzahlung vor und reduziert gegebenenfalls den Kaufpreis nach einem Jahr.

Anfängerfehler. In jungen Jahren erwarb Hübner eine Kanzlei, deren Klienten hauptsächlich im Waldviertel saßen. „Ich drehte dort jahrelang meine Runden“, erinnert er sich. Schmerzhaft auch an einen Krach mit einem Hotelier, dessen Netzwerk er unterschätzte. Der verärgerte Hotelier zog fünf andere von ihm weg.

Kundenstruktur. Ist der Verkäufer im Pensionsalter, sind es vielleicht auch seine Klienten. Sind das Ein-Personen-Unternehmen oder Kleinstbetriebe, ist die Gefahr groß, dass sie einfach verschwinden – mit ihnen der Umsatz.

Insolvenzrisiko. Was nützen 30.000 Euro Umsatz mit einem einzigen Kunden, wenn dieser ein Konkursrisiko hat? Gleiches gilt für ein Übernahmerisiko.

Honorargestaltung. Oft verwehrt, aber wichtig: der Blick auf die Preisstruktur des Verkäufers. Nichts ist schwieriger als Freundschaftspreise auf ein marktübliches Niveau zu heben. Eher droht ein Klientenexodus.

Einzelkämpfer. Es gibt noch viele einsame Wölfe, die allen Risken trotzen und ihre kleine Kanzlei mit Teilzeitkräften und Freelancern durch Wind, Wetter und Gesetzesänderungen führen. Das Problem ist, dass sie weder für junge noch für erfahrene Käufer interessant sind. Die einen fürchten sich vor vollen Ordnern, mannshohen Aktenbergen (Papier!) und technologischer Rückständigkeit, die anderen befürchten Leichen im Keller. Dazu kommt, dass gerade junge Steuerberater schon aus Spezialisierungsgründen im Team arbeiten wollen und eine One-Man/Woman-Show ein solches nicht ernährt. Der beste Rat für graue Wölfe ist, sich selbst und ihre Kanzlei Jahre vor der Pension und noch zu vollem Wert in eine größere Kanzlei einzubringen. In der Praxis scheitert das aber oft an ihrer Persönlichkeit. Jahrzehntelanges Einzelkämpfertum prägt.

Mitarbeiter. Das Wichtigste zum Schluss: Ohne die neuen Mitarbeiter hinter sich zu wissen, würde er keine Kanzlei kaufen, stellt Hübner fest. Was es in der Praxis leider oft nicht spiele, gibt Dibiasi zu bedenken. Er selbst stand einst nach einem Zukauf überraschend feindseligen Mitarbeitern gegenüber. Oft untersagt der Verkäufer dem Interessenten den Kontakt mit seinen Leuten. Nachvollziehbar, wenn er mit mehreren Interessenten verhandelt oder den Verkauf geheim halten will. Dennoch, jede persönliche Begegnung bringt Informationen: über Altersstruktur (Pensionsalter?), Engagement (eigene Eindrücke zählen mehr als die Beteuerungen des Verkäufers) – und das Risiko, dass die besten Mitarbeiter abspringen und sich mit den Schlüsselklienten selbstständig machen.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 18.05.2019)

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