Glosse

Der jüngste Triumph im deutsch-österreichischen Wettstreit

Erste-Group-CEO Andreas Treichl
Erste-Group-CEO Andreas TreichlREUTERS
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Seit Anfang dieser Woche ist die größte Bank Österreichs mehr wert als die größte Bank Deutschlands. Das kostet man in Wien gern aus.

Österreich hat gegenüber Deutschland seit jeher ein ambivalentes Verhältnis. Man spricht – weitgehend – die gleiche Sprache, diskutiert öffentlich über die gleichen Themen und ist wirtschaftlich eng verzahnt. Und dennoch schwankt die Stimmung hierzulande zwischen Minderwertigkeitsgefühlen auf der einen und einem manchmal schon ins Peinliche abgleitenden Triumphgeheul auf der anderen Seite, wie der immer wieder vorgebrachte Verweis auf ein Fußballspiel vor über 40 Jahren zeigt.

Der jüngste Sieg in diesem – zumindest von österreichischer Seite aus empfundenen – Dauerduell wurde Anfang dieser Woche eingefahren. An diesem Tag stagnierte der Aktienkurs der Erste Group bei rund 33,30 Euro. Da gleichzeitig jener der Deutschen Bank allerdings von sieben auf 6,80 Euro zurückging, sank die Marktkapitalisierung des Frankfurter Instituts unter jene ihres Pendants aus Wien. Die größte österreichische Bank ist somit mehr wert als die größte Bank Deutschlands.

Dieser Umstand wurde von der Ersten bei ihrer praktischerweise ebenfalls in dieser Woche stattfindenden Hauptversammlung auch genüsslich ausgekostet. So präsentierten die heimischen Banker ihren Aktionären in großen Lettern, wie sich die Aktien der beiden Institute seit 1997 entwickelt hatten. Und diese Zahlen sind auch durchaus respektabel. Denn während es bei der Deutschen Bank um 58 Prozent nach unten ging, legte die Erste um 607 Prozent zu. Von Frankfurter Bankexperten der Nachrichtenagentur Bloomberg wurde das auf Twitter trocken mit „Wer hat gewusst, dass auch Banken trollen können?“ kommentiert.

Für Erste-Group-Langzeitchef Andreas Treichl, der nun seine letzte Hauptversammlung als Vorstandsvorsitzender der Bank bestritt, ist es jedenfalls ein großer Erfolg am Ende seiner operativen Karriere. Die krisengeschüttelte Deutsche Bank ist für ihn in jüngster Zeit überhaupt ein beliebtes Opfer geworden. So richtete er seinen Kollegen in Frankfurt bereits Anfang des Jahres aus, dass die – inzwischen gescheiterte – Fusion von Deutscher Bank und Commerzbank ohnehin unsinnig sei. Und auch einen Ratschlag hatte Treichl damals parat. Die Frankfurter sollten vielmehr einen Zusammenschluss mit den deutschen Sparkassen anstreben. Nur so würde ein international schlagkräftiges Institut entstehen, das auch lokal verankert ist.

Ein erfolgreiches Vorbild dafür gibt es ja bereits: die Erste Group.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 17.05.2019)

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