Misstrauen lähmt den 5G-Ausbau

Der chinesische Netzwerkausrüster hält 28 Prozent am Weltmarkt für 5G.
Der chinesische Netzwerkausrüster hält 28 Prozent am Weltmarkt für 5G. (c) REUTERS (Thomas Peter)
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Die USA sperren Huawei aus dem Markt aus und verzögern damit den 5G-Ausbau. Europa hat wenig Grund, den Amerikanern zu folgen.

Washington/Wien. Die jüngste Attacke des US-Präsidenten auf den chinesischen Netzwerkausrüster Huawei könnte noch große Wellen schlagen. Mittwochabend verhängte Donald Trump den Nationalen Notstand in Sachen Telekommunikation und verbannte Huawei effektiv vom amerikanischen Markt. Zudem braucht das Unternehmen künftig das Placet Washingtons, bevor es Produkte und Technologie von US-Firmen erwerben darf. Die USA beschuldigen es schon lang, der chinesischen Regierung bei der Spionage im Westen behilflich zu sein.

Beobachter werten den aktuellen Angriff vor allem als weiteren Nadelstich im Handelsstreit der Amerikaner mit China. Spüren wird man diesen Stich allerdings rund um die Welt. Die Beschneidung des aktuellen Marktführers in Sachen 5G wird den globalen Ausbau des neuen Mobilfunkstandards verzögern. Und in Europa wächst der Druck, sich auf eine der beiden Seiten zu schlagen.

„Pragmatisch und vorsichtig“

Bisher haben es die EU-Staaten trotz massiver Drohungen der USA vermieden, Huawei vom Aufbau ihrer 5G-Netze auszuschließen. Geht es nach Frankreichs Präsident, Emmanuel Macron, wird sich daran auch nichts ändern. Europa werde dem Druck der USA nicht nachgeben, sagte er am Rande einer Technologiekonferenz in Paris. Europa müsse in dieser Frage gleichzeitig „pragmatisch und vorsichtig“ bleiben.

Mit dieser Haltung spiegelt er die Stimmung auf dem Kontinent gut wider. Großbritannien überlegt, Huawei nicht für bestimmte Teile des Kernnetzes liefern zu lassen. Deutschland will strengere Kontrollen, hat aber klar gemacht, dass der Ausschluss einzelner Anbieter nicht infrage komme. Auch Magenta-Austria-Chef Andreas Bierwirth begrüßt den Plan, in der EU Zertifizierungsstellen für Netzwerkausrüster einzurichten. Schon im Vorjahr hat Huawei ein Sicherheitszentrum in Bonn eröffnet, um den Behörden Einblick in die Technologie zu geben. Mit Sicherheit ausschließen ließen sich mögliche Hintertüren in einer Software allerdings nicht, sagen IT-Experten. Es ist und bleibt eine Frage des Vertrauens.

Tatsächlich macht es für Europa wenig Sinn, sich auf die Seite Amerikas zu schlagen. Obwohl die USA seit 2012 davor warnen, wurde China noch nie dabei erwischt, Hintertüren in chinesischen Produkten zur Spionage zu nutzen. Und wenn Peking es doch tut, müssten die Huawei-Rivalen Cisco, Ericsson und Nokia ebenfalls zu den Verdächtigen gezählt werden. Sie alle haben Joint Ventures in China oder verwenden Komponenten, die in China erzeugt wurden.

Auch der Vorwurf der Amerikaner, dass es einen gesetzlichen Zwang für Huawei gebe, dem Geheimdienst zuzuarbeiten, überzeugt kaum. Denn in den USA gibt es diese Pflicht bereits seit dem Jahr 1994. Spätestens seit den Enthüllungen von Edward Snowden ist der Einbau von NSA-Hintertüren in amerikanische Geräte bestens belegt.

Erreicht der Huawei-Bann Europa?

In den letzten Wochen und Monaten wurden beim US-Anbieter Cisco derartige Sicherheitslücken entdeckt. Das heißt natürlich nicht, dass das Unternehmen diese Fehler absichtlich oder gar auf Geheiß der US-Regierung eingebaut hat. Aber leugnen lassen sich die Hintertüren dennoch nicht. Wenn das also eine Vertrauensfrage ist, warum soll Europa dann gerade Amerika trauen, nicht aber China?

Selbst ohne die Unterstützung der EU könnte Trumps Bann in Europa ankommen. Denn 5G ist nicht nur für Telekomunternehmen interessant. Auch der Markt für 5G-Firmennetze für intelligente Fabriken dürfte sich bis 2021 verdoppelt, schätzen die Marktforscher von SNS Telecom & IT. Europäische Multis könnten auch in der EU vor Huawei zurückschrecken, wenn es ihren Töchtern in den USA verboten ist, ihre vernetzte Produktion mit Equipment aus China aufzubauen. Die Gewinner dieses Szenarios wären der US-Konzern Cisco, aber auch Ericsson und Nokia aus Europa.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 17.05.2019)

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