„Tourists are coming“: Reisen auf den Spuren von Game of Thrones

(c) REUTERS (Phil Noble)
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Vom Glamping in Winterfell bis zum Walk of Shame in Dubrovnik. Spoiler-Alert ab Staffel acht, Folge drei.

„Wandel auf den Spuren der Starks und Lannisters und erkunde das Herz der Sieben Königslande. Deine viertägige Belfast-Reise bringt dich zu den spektakulären Drehorten der erfolgreichen Fantasy-Serie Game of Thrones. Dort, wo sonst die Weißen Wanderer ihr Unwesen treiben, kriegerische Strategien ausgeheckt und Intrigen gesponnen werden, erwartet dich eine Landschaft, wie es sie nur in Nordirland gibt.“: Die Webseite des deutschen Erlebnis-Anbieters Jochen Schweizer preist seine „Die Sieben Königslande live erleben“-Reise blumig an, bei der es um nur 399 Euro pro Person im Doppelzimmer vier Tage lang auf den Spuren von Game of Thrones urlauben lässt. Wer sich noch intensiver darauf einlassen will, wie sich „Winter is coming“ wohl im echten Urlaubsleben anfühlt, kann darüber hinaus um knapp 150 Euro bei Travelpirates.com (die österreichische Variante Urlaubspiraten.at zeigt das Angebot nicht an) eine Glamping-Nacht im Wald vor der Festung buchen.

Welche im echten Leben Castle Ward heißt, eine dreiviertel Stunde außerhalb von Belfast liegt und nicht nur Schauplatz der Battle of the Bastards und der Langen Nacht war, sondern auch zahlreicher Camper-Kämpfe in Fast-Original-Kostümen,  die im „Go Glamping in Winterfell“-Paket inkludiert sind; für ein wenig mehr Gold kann auch ein Treffen mit den echten Schattenwölfen arrangiert werden. Noch kälter lässt sich in unzähligen Pauschalpaketen seit dem Serienstart auf Island der Weißen Wanderer und der Nachtwache huldigen, wo in den Badegrotten Grjótagjá und Stóragjá die Liebesszene von John Schnee und Ygritte gedreht und der Satz „You know nothing, Jon Snow“ berühmt wurde, und im Vatnajökull Nationalpark die Außenszenen nördlich der Mauer.  

Kreuzfahrer und Pilgerer 

Für das zahlungskräftigere Klientel sind außerdem allerlei Kreuzfahrten aufgelegt worden, die die wärmeren Drehorte anlaufen beziehungsweise Landausflüge zu ihnen anbieten. Zu den Klassikern gehören hier Malta als Filmlocation der ersten Staffel, wo Daenerys einst Khal Drogo ehelichte und Ned Stark sein Leben aushauchte. Spanien, wo die Hauptstadt der Dothraki im echten Leben Almeria heißt, Girona Heimat der Großen Septe von Baelor sowie von Bravoos ist und die Sklavenkämpfe von Mereen in der Stierkampfarena von Osuna gedreht wurden.  

In Nordirland liegen neben Winterfell auch noch Drachenstein und die Eiseninseln – aber all diese Film-Locations sind nur Nebenkriegsschauplätze, wenn es zum echten Film-Tourismus rund um die Serie kommt. Denn wie alle wissen – auch diejenigen, die nie eine einzige Folge geschaut haben und es auch nicht vorhaben – liegt Königsmund an der Adria und ist seit Drehbeginn von  Game of Thrones-Fans regelrecht überrannt worden. Dubrovnik ist das Ziel der Pilger, die hier beim Gradac-Park der Stelle huldigen, in denen der böse Kinder-König Geoffrey vergiftet wurde – passenderweise sollen hier einst auch im echten Leben Verräter hingerichtet worden sein – und den Minceta-Turm a.k.a das Haus der Unsterblichen sehen wollen.

Seit der zweiten Staffel wird hier gedreht – vorher lag Königsmund auf Malta – und damit änderte sich das Dubvrovnik das Leben deutlich. „Seitdem ist nichts mehr, wie es vorher war“, lacht Fremdenführerin Marina Franic, die zufällig gerade passend zum Hype von Rezeptionistin auf Guide umgesattelt hat und als eine der ersten „Game of Thrones“-Touren auf Deutsch anbot. „Dabei war ich vorher nicht einmal ein Fan der Serie, ich kannte sie gar nicht“, gibt sie zu. Weshalb sie auch das Foto, das sie 2010 mit Peter Dinklage beim Check in an ihrem früheren Arbeitsplatz, dem Hilton, zeigt, gar nicht aufgehoben hat. „Für mich war er einfach ein netter Gast, dass ich da Tyrion Lannister eingecheckt habe, ist mir erst später klargeworden“, erzählt sie.  

Gummi-Drachen für die Schulter 

Das aber recht schnell und deutlich, denn mit 2011 kamen die ersten Thronies in die Stadt – und das meint nicht die Filmcrew, sondern die Fans. „Bis dahin ging es in den Stadtführungen um Geschichte, seitdem fast immer um Game of Thrones“, berichtet die zertifizierte Fremdenführerin. „Erst gestern hatte ich ein nettes Ehepaar um die 70, die eigentlich eine Geschichtstour gebucht hatten – aber dann ganz verrückt danach waren, alles über Game of Thrones zu erfahren.“  
Wobei nicht alle Fans nur gesittet auf den Steinen der Mauern in Khaleesis Fußstapfen treten wollen, einige lassen es auch ordentlich krachen, wie Franic berichtet: „Wir haben immer wieder Australier hier, die halbnackt auf der großen Treppe den ‚Walk of Shame‘ nachstellen“, berichtet sie, „da versammelt sich dann immer schnell eine Gruppe Menschen drumherum, die lachen und applaudieren.“ Andere fragen an, ob Franic nicht vielleicht als Cersei oder Khaleesi verkleidet auf ihre Jacht kommen und dort im Kostüm mit der Führung für die Gruppe beginnen könne. „Das habe ich aber bisher immer abgelehnt,“ erzählt die Kroatin, die ihre gesamte Schulzeit in München verbracht hat und nach dem Abitur in ihre Heimatstadt zurückgekehrt ist.  

Lustiger seien dagegen die Touristen, die auf dem Insel Lokrum im kleinen GoT-Museum auf dem Eisernen Thron probesitzen oder sich in den Souvenirläden der Stadt mit Devotionalien eindecken: „Da gibt es wirklich alles, von  kleinen Gummi-Drachen, die man sich auf die Schulter setzt über Sonnenbrillen und Kartenspiele bis zur eigenen Game of Thrones-Risiko-Ausgabe“.  Und natürlich jede Menge Tassen und T-Shirts mit Aufdruck – von „You know nothing, Jon Snow“ bis zu „Winter is Coming“. „Der absolute Bestseller ist allerdings das T-Shirt mit dem Tyrion-Spruch ‚I drink and I know things“, so die Fremdenführerin.  

Touristenzuwachs in Dubrovnik 

Wie begeistert all diese Dinge gekauft werden, zeigen auch die Zahlen: Auf 126 Millionen Euro bezifferte das Wirtschaftsinstitut Zagreb die Summe, die GoT-Anhänger zwischen 2012 – der Ausstrahlung der zweiten Staffel – und 2015 in Dubrovnik gelassen haben. Wobei man in der Stadt nicht nur erfreut über wachsende Touristenströme ist, denn das Thema Overtourism ist längst in Duvrovnik angekommen. So zählte man im Jahr 2018 1,2 Millionen Besucher in der nicht einmal 50.000 Einwohner zählende Stadt. Was allerdings laut Franic nur zu einem untergeordneten Teil den GoT-Fans zuzuschreiben ist: „Meines Wissens haben die lediglich einen Anstieg von 13 Prozent ausgemacht, das viel größere Problem in Sachen Overtourism wird durch die Kreuzfahrschiffe verursacht“, so die Einheimische. Diese bringen täglich bis zu 10.000 Tagestouristen, die von bis zu sieben Schiffen in die Stadt strömen – eine Situation, die Bürgermeister Mato Frankovic nach Angaben der „Welt“ noch heuer auf zwei pro Tag begrenzen will, um den Weltkulturerbe-Status der Altstadt zu schützen. Wie schnell diese Maßnahmen allerdings Realität werden, ist fraglich, denn laut dem Tourismusfachblatt „fvw“, wurden die Reedereien bisher darüber noch nicht offiziell informiert. 

Vor- und Nachteile für die Einheimische 

Der GoT-Hype hat dagegen aus ganz anderen Gründen bei manchen Einheimischen für Unmut gesorgt, wie Franic berichtet: „Da ist es eher darum gegangen, dass für die Dreharbeiten Straßen und – noch viel schlimmer – Parkplätze gesperrt wurden“, erzählt sie. „Und das ist in einer Saisonstadt, in der die Busse möglichst nah an den Sehenswürdigkeiten parken müssen, natürlich nicht gern gesehen.“ Außerdem mussten einige junge Männer der Stadt schwer schlucken, als plötzlich „The Mountain“ zum Training im öffentlichen Fitness-Center auftauchte und die bis dahin geltenden Maßstäbe in Sachen Muskelmasse deutlich verschob.  

Zum Ausgleich hatten die Einheimischen für derartige Unannehmlichkeiten einen Heimvorteil, wenn es darum ging, wie es mit dem Game of Thrones weitergehen wird und wussten immer schon ein wenig mehr als der gewöhnliche Fan. Zum Beispiel, dass – ACHTUNG: SPOILER – Jon Snow die Schlacht von Winterfell wohl überleben würde. „Denn er war zum Dreh der letzten Staffel hier – und damit war klar, dass er am Ende beim Kampf um den Eisernen Thron in Könisgmund sein würde.“ Wie Dubrovnik nun bei den deutschsprachigen Touristen heißt – alle anderen nennen sie King’s Landing.     

("Die Presse", Print-Ausgabe, 18.05.2019)

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