Grätzltour: Im Reich der grünen Daumen

Schönbrunn-Sprecherin Irmgard Poschacher und Daniel Rohrauer, Institutsleiter Botanische Sammlungen der Österreichischen Bundesgärten, vor den Rhododendren.
Schönbrunn-Sprecherin Irmgard Poschacher und Daniel Rohrauer, Institutsleiter Botanische Sammlungen der Österreichischen Bundesgärten, vor den Rhododendren.(c) Dimo Dimov
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Da ein grüner Exot, hier eine Habsburger-Anekdote: Mit dem Leiter der Botanischen Sammlung, Daniel Rohrauer, durch Geschichte und Wege des Botanischen Garten Schönbrunns.

Zehn Millionen Besucher zählt Schönbrunn jährlich, in den Botanischen Garten verirren sich vergleichsweise wenige – jedenfalls ins Arboretum (begehbarer Baumgarten), das auf der Höhe des Palmenhauses beginnt. Dabei reicht der Garten „vom Gartendirektorstöckl bis zum Schratt-Türchen", wie Daniel Rohrauer, Leiter der botanischen Sammlungen der Österreichischen Bundesgärten, das Gebiet umreißt – und zugleich zwei historische Highlights nennt.

Lebende Geschichte

Das Gartendirektorstöckl liegt auf dem Weg vom Hietzinger Tor in Richtung Palmenhaus: „Hier wohnte der Direktor, und direkt davor, entlang den Begrenzungsmauern bis in den Palmenhausgarten, befanden sich die Glashäuser", erzählt der gebürtige Oberösterreicher, der 2004 als Techniker nach Schönbrunn kam. „Der naturwissenschaftlich interessierte Gatte Kaiserin Maria Theresias, Franz Stephan, legte im 18. Jahrhundert neben dem Tier- auch den Botanischen Garten an und konnte den Gärtner Adrian von Steckhoven für die Leitung gewinnen." Die Ofenlöcher, durch die die damaligen Unterkünfte der empfindlichen Pflanzen beheizt wurden, sind heute noch zu sehen. „Die Glashäuser waren nicht sehr stabil, auch der Platz wurde knapp", erzählt Rohrauer. „Sie wurden abgerissen, 1880 wurde das heute bestehende Palmenhaus und 1904 das Sonnenuhrhaus, heute Wüstenhaus, gebaut."

„Kaiser-Türl" in der Tiergartenmauer.
„Kaiser-Türl" in der Tiergartenmauer.(c) Daniela Mathis

Das Arboretum beherbergt neben einheimischen auch exotische Bäume: Etwa die amerikanische Esche und der Tulpenbaum, die per offizieller Expedition nach Wien kamen, ein mächtiger Ginko, gezogen aus eingeschmuggelten Samen aus Asien, eine Sumpfzypresse mit Atemknie-Wurzeln für den Sauerstoffgewinn, oder ein altersmüder Maulbeerbaum, vermutlich im Zuge der Seidenraupenzucht im 17. Jahrhundert gepflanzt. „Wir wissen nicht genau, wie alt er ist", mein Rohrauer, und, mit Blick auf das Efeu am Baum: „Das stört nur, wenn es überhand nimmt. Es benutzt den Baum als Stütze, nicht als Wirt." Anders die Misteln: „Diese leben vom Baum. Wenn es mehr als fünf werden, greifen wir ein."

Angewandte Klimastudien

Um Pflanzen für den Garten zu erhalten, beauftragte der Kaiser den Arzt Nikolaus von Jacquin mit einer Forschungsexpedition – die erste von mehreren. Die Exoten wurden so auf Expeditionen gesammelt oder aus fernen Landen geschickt – etwa von Kaiserin Leopoldine von Brasilien, „die in Schönbrunn viel Wissen gesammelt hatte und zahlreiche Gelehrte in ihre neue Heimat holte", erzählt Rohrauer. Mit wenigen Hinweisen – etwa „Liebt Wärme, stand an Gewässer" – versehen, kamen die Pflanzen in Extrakisten aus Amerika, Südafrika, Ostasien, Australien. Das Kultivieren der unbekannten Arten und die Erkenntnisse, die man daraus gewann – etwa, dass Pflanzen, die auf niedrigem Breitengrad, aber großer Höhe lebten, oft winterhart waren – trug zum Verständnis von Klima- oder Winterhärtezonen bei. Ursprünglich wurden alle in Schönbrunn kultiviert, aus Platzgründen heute auch im Belvedere, im Augarten und Hofburggarten. Das Innsbrucker Palmenhaus dient als Back-up-Sammlung.

Sumpfzypresse.
Sumpfzypresse.(c) Daniela Mathis

Im hinteren Teil des Arboretum verbirgt sich im Gehölz zur Tiergartenmauer das Türl, das Kaiser Franz Joseph benutzt haben soll, um Freundin Katharina Schratt diskret zu besuchen. „Er soll zur Tiergarteninspektion ausgeritten sein, sein Pferd abgegeben haben und durch den Botanischen Garten in die Gloriettgasse gegangen sein", berichtet Rohrauer. Heute ist der Durchlass – wie jener an der Maxingstraße – vermauert. Das soll auch so bleiben. „Aber vielleicht wird im Zuge von Erneuerungsarbeiten ein Weg an dieser Stelle entlangführen", verrät er. Eine umfangreiche Ausschilderung der Bäume ist jedenfalls geplant.

Zum Ort, zur Person

Vor 450 Jahren erwarb Maximilian II. die Katterburg, aus der Garten und Schloss Schönbrunn hervorgingen. Seit damals wurden Pflanzen kultiviert, heute umfasst die Sammlung 123.000 Einzelpflanzen aus aller Welt. Der Botanische Garten wurde im 18. Jahrhundert angelegt. Neue Eigentumswohnungen kosten im Bezirk Hietzing zwischen 2942 und 5822,1 Euro/m2. Daniel Rohrauer ist Institutsleiter der Botanischen Sammlungen der Österreichischen Bundesgärten.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 18.05.2019)

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