Der Kapitalismus ist verhasst. Zu Unrecht, findet Werner Plumpe, der Wirtschaftshistoriker, Ex-Kommunist und Autor von „Das kalte Herz“.
Die Presse: Warum ist der Kapitalismus so unbeliebt?
Werner Plumpe: Weil er in den Augen der Menschen so kalt ist. Es geht in ihm nur um Geld, nicht um Solidarität oder Freundlichkeit. Und er ist eine geniale Projektionsfläche zur Erklärung aller möglichen Übel, von der Zunahme psychischer Krankheiten bis zum Wachstumswahn. Diese Kritik prüft nie, ob sie richtig adressiert ist. Dahinter steckt eine Erlösungshoffnung: Es könnte eine bessere Welt ohne Knappheit, Konkurrenzkämpfe und die vermeintlich diabolische Gier geben. Die Botschaft ist viel älter als der Kapitalismus. Seit Aristoteles weist die Philosophie darauf hin, dass Geld den Charakter verdirbt, dass es den Menschen entfremdet. Das ist bis heute populär: Wir alle fühlen uns hilflos ausgeliefert, wenn das Geld am Ende des Monats knapp wird.