Albtraumiza

Im Nachhinein sind alle schlauer. Aber ich schwöre: Dieses Ibiza war mir schon lang sehr suspekt.

Ich bin gern unterwegs, weg von Österreich. Nur an drei Orten dachte ich mir bald: Bevor ich hier noch einmal hermuss, bleib ich lieber zu Hause. Es handelt sich um die Costa del Sol, Malta und Ibiza.

Die Baleareninsel ist zubetoniert und zugedröhnt. Letzteres im doppelten Sinn: Schon nachmittags am Strand werden die vom exzessiven Nachtleben benommenen Urlauber mit Loungemusik beschallt, während die Charterbomber über ihren Köpfen mit Donnerhall zur Landung ansetzen. Um das zu ertragen, nehmen viele Zuflucht zu rauscherzeugenden Substanzen.

Dann macht man, in feuchtfröhlicher Stimmung, manchen Unsinn. Nur beschränkt er sich bei Normalsterblichen auf peinliche Verrenkungen in Tanzlokalen oder allenfalls einen absurden Urlaubsflirt. Man muss schon FPÖ-Politiker sein, um animiert von diesem Ambiente einer fiktiven Oligarchennichte gleich feuchtfröhlich das halbe Land zu verschachern, von Bauaufträgen bis zum Boulevardblatt, im Gegenzug zu windigen Wahlkampfspenden und einem redaktionellen Großreinemachen. Dabei waren, versichern die investigativen Kollegen, nur Lachstatar, Alkohol und Red Bull im Spiel.

Viele Bürger freilich fühlten sich beim Abspielen des unfreiwilligen Urlaubsvideos wie auf einem bösen LSD-Trip: Erst gleitet man in die Dystopie ab, dann wacht man mit heftigen Kopfschmerzen auf. Bei anderen hat der Albtraum längst schon latent unter der Großhirnrinde gelauert. Sie fühlten sich nach der jüngsten Enthüllung wie befreit. Manche von ihnen mögen sogar darauf angestoßen haben. Mit Sangria. Und einem Hoch auf Ibiza.

karl.gaulhofer@diepresse.com

Nächste Woche: Gabriel Rath

("Die Presse", Print-Ausgabe, 19.05.2019)

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