Alltag im sizilianischen Städtchen Corleone: „Wir sind nicht alle Mafiosi.“
Geschichten des Jahres 2019

Der Fluch des Paten lastet auf Corleone

Aus dem sizilianischen Städtchen Corleone stammen die brutalsten Mafiabosse des 20. Jahrhunderts – und Vito Corleone aus Francis Ford Coppolas „Paten“-Trilogie. Der dunkle Ruf lockt Touristen aus der ganzen Welt an. Junge Corleoneser wollen ihnen zeigen, wer die sizilianische Mafia und wie ihre Stadt wirklich ist.

Geschichten des Jahres. Dieser Artikel ist am 19. Mai 2019 erschienen.

Still ist es auf dem Hauptplatz von Corleone. Eine Gruppe älterer Männer sitzt in der Morgensonne. Die „cupola“, das typisch sizilianische Barett, wirft tiefe Schatten in ihre Gesichter. Eher lustlos wischt am Rand der Piazza der Wirt die leeren Tische vor seiner Bar ab. Im Hintergrund erscheint die massive Polizeikaserne verlassen, gespenstisch.

Die Szene wirkt wie das wahr gewordene Sizilien-Klischee: einsame Piazza, finster blickende Männer – genau so stellt man sich Corleone vor, die Kapitale der Paten. Und eben dieser Ruf ist vielen Bewohnern zum Verhängnis geworden: „Wer aus Corleone stammt, gilt automatisch als Mafioso“, weiß die 26-jährige Maria Elena Saltaformaggio aus eigener Erfahrung: Egal, ob sie sich im Ausland aufhält, ihren Freund in Norditalien besucht oder in Palermo an der Uni im Seminar sitzt: Wenn sie den Namen ihres Heimatorts nenne, werde sie gleich gefragt, in welchem Verhältnis sie zu den berühmten Bossen ihrer Stadt stehe. 2003 hatten Einwohner sogar eine Initiative gestartet, um den Namen ihrer Stadt zu ändern.

Tatsächlich weckt kaum ein anderer Ort so viele Assoziationen an die Cosa Nostra, die sizilianische Mafia: Hier beginnt die Saga der Corleonesi, die der Bestsellerroman von Mario Puzo und die legendäre Verfilmung von Francis Ford Coppola zum bekanntesten Mafia-Clan der Welt gemacht hat: Aus Corleone stammt Vito Corleone, New Yorks Boss der Bosse, im Film der großartige Marlon Brando. In Corleone erst wird Vitos Sohn Michael (alias Al Pacino) zum richtigen Mafioso. Puzos Corleonesi haben der Cosa Nostra ein nahezu romantisches Image verpasst.

Gräber und Verstecke

Corleone verdankt seinen Ruf nicht nur Hollywood. Aus dem antiken Städtchen gesäumt von Orangen, Feigenbäumen und Olivenhainen stammen die brutalsten Mafiosi des 20. Jahrhunderts. Von hier aus kontrollierten mächtige „Dons“ das Geld und die Politik. In den schroffen Felsen vor der Stadt wurden zahlreiche Leichen von Mafia-Opfern gefunden. In Corleone wuchsen Salvatore Riina und Bernardo Provenzano auf: In den 1980er-Jahren kämpften sich die zwei Freunde an die Cosa-Nostra-Spitze. Riina, „die Bestie“, erklärte dem Staat den Krieg: 1992 ließ er die Anti-Mafia-Richter Giovanni Falcone und Paolo Borsellino durch Bomben ermorden.

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