Tal Silberstein? Oder doch ein Geheimdienst?

Erster Verdächtiger in solchen Fällen ist natürlich Spindoktor Tal Silberstein, der im vergangenen Nationalratswahlkampf auch vor Dirty Campaigning nicht zurückschreckte.
Erster Verdächtiger in solchen Fällen ist natürlich Spindoktor Tal Silberstein, der im vergangenen Nationalratswahlkampf auch vor Dirty Campaigning nicht zurückschreckte.(c) APA/HELMUT FOHRINGER
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Wer hat das Skandalvideo auf Ibiza gemacht? Man weiß es nicht. Doch es gibt jede Menge Gerüchte und (nicht ganz unbegründete) Theorien.

Wien. Wer, wenn nicht er? Also Tal Silberstein. Oder doch nicht? Derzeit schießen die Gerüchte ins Kraut, wer hinter jenem Video in einer Finca auf Ibiza stecken könnte, das nicht nur FPÖ-Chef Heinz-Christian Strache, sondern auch die österreichische Regierung zu Fall gebracht hat.

Erster Verdächtiger in solchen Fällen ist natürlich Spindoktor Tal Silberstein, der im vergangenen Nationalratswahlkampf auch vor Dirty Campaigning nicht zurückschreckte. Dessen damaliger Mitstreiter Peter Puller ließ nun zwar via Twitter verlautbaren, dass man es diesmal nicht gewesen sei. Aber wer weiß? Silberstein wurde jedenfalls wenige Tage nach dem Dreh des Videos auf Ibiza in Israel hopsgenommen. Somit könnte er nicht mehr dazugekommen sein, das Video vor der Nationalratswahl zu platzieren. Andere These: Man wollte das Video nur dann ausspielen, wenn die Strache-FPÖ in den Umfragen vorangelegen wäre. Im tatsächlichen Fall, die Kurz-ÖVP, lag voran, hätte es dieser noch mehr genützt und Wähler von der FPÖ zugetrieben. Einen Beweis für eine Beteiligung Silberstein gibt es freilich nicht.

Pointe am Rande: Eveline Steinberger-Kern, die Frau des ehemaligen SPÖ-Bundeskanzlers, deutete auf Twitter kryptisch an, es könnte auch ein ganz ein anderer hinter der Veröffentlichung stecken. „Wer zieht denn da die Fäden?“, fragt sie. Und weiter: „Und man fragt sich, wer gerade jetzt davon profitiert, dass das über ,SZ‘, ,Spiegel‘ & ,Falter‘ in der Form bekannt gemacht wird?“ Ein Kandidat wäre sicher Sebastian Kurz, sie nennt ihn allerdings nicht namentlich.

Nächste Variante: Es war ein Geheimdienst. Der amerikanische, weil ihm zu enge Kontakte europäischer Parteien zu Russland ein Dorn im Auge sind. Oder der deutsche, um den erstarkenden EU-feindlichen Rechtspopulisten in Europa einen Schuss vor den Bug zu verpassen. Dafür spräche die Platzierung vor der EU-Wahl. Die Welle aus Österreich sollte dann auch über andere Länder hinwegschwappen.

Dann gibt es noch die Theorie, das für seine Guerilla-Aktionen bekannte und umstrittene Zentrum für Politische Schönheit könnte damit zu tun haben. Dies würde am ehesten auch den Konnex zum deutschen Komiker Jan Böhmermann erklären, der schon vor Wochen vom Video wusste und indirekt auch mit diesem Wissen prahlte.

Zentrum für Politische Schönheit

Das Zentrum für Politische Schönheit (ZPS) rückte vor allem durch auffallende Twitter-Aktivität rund um die Veröffentlichung des Ibiza-Videos in den Kreis der „Verdächtigen“ auf. Die Künstler-Philosophen-Gruppe ist seit etwa zehn Jahren in Deutschland für provokante Aktionen bekannt, durch die sie auf politische oder humanitäre Themen aufmerksam machen will. Im Vorjahr startete man beispielsweise die Soko Chemnitz – gegen „Sofortbargeld“ rief man auf, mutmaßliche Neonazis zu entlarven. Wegen seiner Aktionen wird das ZPS auch öfter verklagt, zuletzt wurde – allerdings erfolglos – wegen Bildung einer kriminellen Vereinigung ermittelt.

Zum Ibiza-Video teilte das Zentrum für Politische Schönheit am gestrigen Sonntag via Twitter jedoch nur knapp mit: „Wir äußern uns zu den inneren Angelegenheiten anderer Länder grundsätzlich nicht.“ (red.)

("Die Presse", Print-Ausgabe, 20.05.2019)

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