50 Kunden am Tag, doch kein einziger Umsatz in der Kasse

Die Finanz führte Kontrollen bei Grazer Friseurgeschäften durch. Das Ergebnis war ernüchternd, gab es doch bei 60 Prozent der Betriebe Beanstandungen.

Einen klaren Schnitt haben Finanzpolizei und Wirtschaftskammer Steiermark nach ihren Kontrollen in mehreren Dutzend Barbershops hinterlassen: Bei 60 Prozent der geprüften Betriebe gab es Beanstandungen im Bereich der Registrierkasse. Auch wurden illegal ausländische Arbeitskräfte beschäftigt, in einigen Fällen zu wenig Sozialleistungen abgeführt. Manchmal lag nicht einmal ein Gewerbeschein vor.

Im Zentrum der Kontrollen standen Friseure im Großraum Graz. 40 Beamten hatten in einer ersten Phase der "Aktion scharf" observiert: "Die Kollegen haben verdeckte Käufe durchgeführt und den Umgang mit der Registrierkasse beobachtet", sagte Rigobert Rainer, Leiter der Finanzpolizei Steiermark und Kärnten. Außerdem wurde die Kundenfrequenz der Geschäfte beobachtet. Es stellte sich etwa in einem Fall heraus, dass rund 50 Kunden an einem Tag im Geschäft waren, doch kein einziger Umsatz in der Registrierkasse zu finden war, schilderte Rainer.

"Lohn- und Sozialdumping ein massives Problem"

Die Kontrollen führten zu einem schlimmeren Bild als erwartet: "Nicht nur bei zehn Prozent, sondern bei rund 60 Prozent der Betriebe gab es Beanstandungen. Der Output der Kontrolle gab Anlass zur Sorge", meinte Rainer. Mangelnde Arbeitsaufzeichnung und Sozialbetrug wurden aufgedeckt. Manche der voll arbeitenden Leute in den Barbershops waren gleichzeitig Bezieher von Arbeitslosengeld, Anmeldungen bei der Gebietskrankenkasse fehlten. "Lohn- und Sozialdumping ist ein massives Problem in der Steiermark", so der Finanzpolizei-Leiter.

Spartenobmann Hermann Talowski wolle jene schützen, "die fair miteinander umgehen". Deshalb soll es weitere Schwerpunktkontrollen geben. Kammerpräsident Josef Herk sagte: "Wir schützen nicht die schwarzen Schafe. Wirtschaftliche Dopingübertretungen wollen wir nicht dulden." Doris Schneider, Innungsmeisterin der Friseure, kritisierte, dass immer mehr Barbershops eröffnet werden, bei deren Preisen man wisse, "dass es sich nicht ausgehen kann". Diese müssten sich an die Regeln halten, wie alle anderen Betriebe. Werde etwa ein trockener Männerhaarschnitt deutlich unter 20 Euro angeboten, sollte man stutzig werden.

Rainer erklärte, wie die Betriebe ihre Gewinne erwirtschaften: Sie buchen nicht alle Kunden in die Registierkasse ein und beziehen die Produkte für die "schwarz" gearbeiteten Geschäfte im Internet aus dem Ausland. Nur ein Bruchteil werde offiziell beim Großhandel eingekauft, gerade soviel, dass es zu den offiziell geführten Kunden passe. Die Betrugshandlungen seien dabei mehrfach schädigend, denn jene Mitarbeiter, die beispielsweise nur geringfügig angestellt werden, obwohl sie 40 Stunden arbeiten, würden dann oft auch noch zu Unrecht Mindestsicherung und Wohnförderungen kassieren. Zeitgleich suchen andere Friseure händeringend um Fachkräfte.

(APA)

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