Während Kickl die „Machtbesoffenheit“ der ÖVP geißelt, präsentiert sich FPÖ-Chef Hofer als staatstragend.
Norbert Hofer betont beim Thema Migration, dass „nicht alle Menschen, die zu uns kommen, böse sind“. Er bedankt sich bei den Journalisten, insbesondere beim der FPÖ eher nicht nahestehenden „Falter“, für die korrekte Berichterstattung der vergangenen Tage. Der (bisherige) Infrastrukturminister lobt einen Sozialdemokraten, der erfolgreich an der Spitze der ÖBB stehe. Und auch mit Hans Peter Haselsteiner habe er kein Problem. Zwar habe Haselsteiner im Hofburg-Wahlkampf gegen ihn, Hofer, mobil gemacht. Aber das gehöre halt zur Demokratie dazu.
Es sind für einen Freiheitlichen ungewohnt sanfte Töne, die der Burgenländer bei seiner Pressekonferenz mit Herbert Kickl am Montag angeschlagen hat. Wobei das Wort Pressekonferenz zu weit führen würde, denn wie so oft dieser Tage waren Fragen von Journalisten an Politiker nicht gestattet. Doch die Stellungnahmen von Hofer und Kickl ließen bereits erahnen, wie der Wahlkampf der FPÖ werden dürfte. Während Hofer staatstragende Töne anschlug, ging Kickl fast schon in alter Generalsekretärmanier auf den politischen Gegner los.
Und dieser ist neuerdings wieder insbesondere die ÖVP. Während der blaue Vorfall in Ibiza „eine verantwortungslose Besoffenheit“ war, stehe die ÖVP für eine „kalte und nüchterne Machtbesoffenheit“, meinte Kickl. Es sei traurig, dass Bundespräsident Alexander Van der Bellen „die wahre Absicht hinter einem jungen freundlichen Gesicht nicht durchschaut hat“, meinte Kickl. Und spielte damit auf Kanzler Sebastian Kurz an, der Kickl schon am Wochenende als Innenminister ablösen wollte. Dabei gehe es der ÖVP gar nicht darum, dass er als einstiger FPÖ-Generalsekretär mit Blick auf etwaige Ermittlungen gegen die Partei nicht mehr Innenminister sein soll. Nein, Kurz wolle das Innenministerium zurück, weil dieses jahrelang „Motor einer knallharten ÖVP-Machtpolitik“ war, erklärte Kickl. Sonst hätte die ÖVP es ja zumindest akzeptieren können, dass wenigstens ein anderer Freiheitlicher als er das Amt übernehme, meinte der (Noch-)Innenminister.
Hofer als Kontrapunkt zu Strache
Die verschiedenen Rollen von Hofer und Kickl dürften kein Zufall sein. Hofer war bereits im fast gewonnenen Präsidentschaftswahlkampf damit erfolgreich, dass er im Ton sanfter als seine Parteifreunde auftrat. Und gerade in der Situation nach dem Ibiza-Skandal ist dieser Ton des Norbert Hofer wohl auch ein bewusster Kontrapunkt zum gern polternden Heinz-Christian Strache. Mit einem ruhigeren Auftreten könnte die FPÖ also womöglich die schlimmsten Verluste nach dem Skandal abfedern.
Doch dann gibt es noch die blaue Stammklientel, die nicht zu sehr durch Lob für den „Falter“ und Sozialdemokraten verwirrt werden darf. Denn die FPÖ muss nach dem Ibiza-Skandal auch fürchten, dass manche ihrer Sympathisanten bei der Nationalratswahl einfach zu Hause bleiben.
Nicht umsonst betonte Kickl daher bereits am Montag, dass seine Partei als einzige für eine strikte Asylpolitik stehe. Die Ablehnung des UN-Migrationspakts sei etwa der FPÖ zu verdanken. Auch bei der Abschiebung von Lehrlingen ohne Asylgrund habe man sich erst gegen die ÖVP durchsetzen müssen. Und zuletzt habe Sebastian Kurz sogar verhindern wollen, dass Asylwerber höchstens 1,50 Euro für gemeinnützige Arbeiten bekommen, prangerte Kickl an.
Gutes Verhältnis zur SPÖ betont
Er sei für keinen Schmutzkübelwahlkampf zu haben, erklärte hingegen Hofer. Und überhaupt: „Es war mir immer wichtig, ein gutes Verhältnis zu allen anderen Parteien zu pflegen, das betrifft auch die SPÖ.“ Ungereimtheiten bei der Vergabe von Aufträgen schloss Hofer auch bei ÖBB und Asfinag aus. Und was die FPÖ betreffe, so wolle er deren Parteifinanzen veröffentlichen. Aber es gebe keinen Grund zur Annahme, dass Illegales passiert sei. Die größte Spende von 10.000 Euro habe etwa eine Landwirtin nach einer Erbschaft der Partei gegeben. Als Dankeschön dafür, dass ihr die FPÖ vorher in einer schwierigen Situation geholfen habe.
Good Cop Hofer, bad Cop Kickl: Eine Kombination, die es auch noch in den nächsten Monaten geben dürfte. Der freiheitliche Wahlkampf ist eröffnet.
Auf einen Blick
Die FPÖ will sich einerseits vom Ibiza-Skandal abgrenzen, kann aber andererseits nicht ihre Stammwähler verärgern. Bei einer Pressekonferenz am Montag präsentierten sich der designierte FPÖ-Chef Norbert Hofer und Herbert Kickl dann auch sehr unterschiedlich. Hofer betonte, wie wichtig ihm ein gutes Verhältnis zu allen Parteien sei, und schlug milde Töne an. Herbert Kickl trat hingegen angriffslustig auf. Er kritisierte insbesondere die ÖVP und Sebastian Kurz mit harten Worten.
("Die Presse", Print-Ausgabe, 21.05.2019)