Kurz schlägt Kickls Entlassung vor, FPÖ-Minister verlassen Regierung

Kanzler Sebastian Kurz
Kanzler Sebastian KurzAPA/HERBERT NEUBAUER
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Kanzler Kurz wird dem Bundespräsidenten die Entlassung des Innenministers vorschlagen, die FPÖ-Minister sollen bis zur Neuwahl durch Experten ersetzt werden. In der Causa „Ibiza-Video“ liegen bereits mehrere Anzeigen vor.

Die türkis-blauen Fronten bleiben verhärtet. Nach einem persönlichen Gespräch mit Innenminister Herbert Kickl (FPÖ) trat Bundeskanzler Sebastian Kurz (ÖVP) am Montag um 18:30 Uhr an die Öffentlichkeit und verkündete das Ende der Zusammenarbeit mit den Freiheitlichen im Bund.

„Wie geht es weiter?“, fragte Kurz, um sogleich selbst die Antwort drauf zu geben: Er habe die „feste Überzeugung“, dass „vollständige Transparenz“ rund um die Causa „Ibiza-Video“ sichergestellt werden muss. „Das haben sich die Österreicherinnen und Österreicher verdient.“ Da Kickl im Sommer 2017, als das Video aufgenommen wurde, FPÖ-Generalsekretär gewesen sei, sei dieser auch für die „finanzielle Gebarung hauptverantwortlich gewesen“.

Außerdem, so Kurz, hätte er in Gesprächen mit Kickl und weiteren freiheitlichen Vertretern das Bewusstsein für den Ernst der Lage vermisst „und die notwendige Sensibilität“ für den Umgang damit. Das dies fehle, hätte nicht zuletzt die Entscheidung Kickls untermauert, seinen umstrittenen Vertrauten, Generalsekretär Peter Goldgruber, zum Generaldirektor der Öffentlichen Sicherheit zu machen – ein Schritt, der durch Bundespräsident Alexander Van der Bellen allerdings zunichte gemacht wurde, da dieser am Montag bekannt gab, seine dafür notwendige Unterschrift verweigern zu wollen.

Zurück zu Kurz: Seines Erachtens nach hätte „diese Gemengelage“ genügen müssen, damit Kickl zurücktrete, damit „eine lückenlose Aufklärung möglich ist“. Da es dazu nicht kam, werde Kurz Van der Bellen die Entlassung von Kickl als Minister vorschlagen. Diesen Entschluss habe er Kickl persönlich und dem designierten FPÖ-Obmann Norbert Hofer in einem Telefonat mitgeteilt.

Kickl: FPÖ-Misstrauensvotum gegen Kurz möglich

Da die Freiheitlichen vorab bekanntgegeben haben, dass sie im Falle von Kickls Entlassung als Minister geschlossen aus der Bundesregierung austreten wollten, werde er dem Staatsoberhaupt außerdem vorschlagen, die frei werdenden Stellen bis zum Neuwahltermin mit Experten und Spitzenbeamten zu besetzen. Dieser Schritt schaffe die Möglichkeit, „dass wir bis zum Tag der Wahl Stabilität schaffen“, zeigte sich Kurz überzeugt.

Die Reaktion von Kickl auf die Kurz'sche Ankündigung, ließ nicht lange auf sich warten. Wenige Minuten nach 19 Uhr teilte der 50-Jährige mit, dass er ein Misstrauensvotum seiner Partei gegen den Regierungschef im Nationalrat nicht ausschließe (am kommenden Montag soll eine Sondersitzung stattfinden, im Zuge der jedenfalls die Liste Jetzt einen Misstrauensantrag gegen Kurz einbringen will). „Der Hausverstand sagt einem, dass es relativ schwer ist, von jemandem das Vertrauen zu verlangen, der einen gerade das Misstrauen ausgesprochen hat", meinte Kickl.

Ein freiheitlicher Sprecher ergänzte: Die Blauen werden umgehend umsetzen, was sie angekündigt haben und damit alle Regierungsämter niederlegen. Dazu gebe es einen aufrechten Beschluss des freiheitlichen Parteipräsidiums.

Zahlreiche Anzeigen zu Causa „Ibiza-Video"

Die Wirtschafts- und Korruptionsstaatsanwaltschaft (WKStA) gab unterdessen ihrerseits etwas bekannt. Nämlich, dass sie in der Causa „Ibiza-Video“ an einer „vollumfänglichen strafrechtlichen Aufklärung" des Sachverhaltes interessiert sei und derzeit eine Vielzahl an eingelangten Anzeigen in diesem Zusammenhang prüfe.

Auf einen Blick

Kurz vor der EU-Wahl ist am Freitag ein Video aus dem Sommer 2017 aufgetaucht, das Heinz-Christian Strache am Samstag zum Rücktritt aus all seinen politischen Funktionen bewogen hat. Der Clip, den „Spiegel" und die „Süddeutsche Zeitung" veröffentlicht haben, zeigt, wie sich der bisherige FPÖ-Obmann und Vizekanzler mit einer vermeintlichen russischen Investorin in Ibiza über Staatsaufträge für millionenschwere Spenden unterhält.

Ebenfalls am Samstag trat Bundeskanzler Sebastian Kurz (ÖVP) an die Öffentlichkeit, um aufgrund der Affäre vorgezogene Neuwahlen zu verkünden; die vermutlich im September stattfinden werden.

Am Montag folgten Gespräche zwischen Türkis-Blau, aber auch mit Bundespräsident Alexander Van der Bellen, um auszuloten, wie bis zum Neuwahltermin weiter gearbeitet werden soll. Am Ende dieser Gespräche stand allerdings kein Konsens: Während die FPÖ an Innenminister Herbert Kickl festhielt, beharrte die ÖVP auf dessen Rücktritt. Um 18:30 Uhr verkündete Kurz sodann: Er werde Van der Bellen die Entlassung Kickls vorschlagen.

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