Unumschränkte Wahlempfehlung

(c) Michaela Bruckberger
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Schauen wir Österreicher denn nicht ab und zu ein bisserl über unseren Schnitzeltellerrand auf die Welt, die da draußen im Umbruch ist?

Was nun? Kann man in den Tagen nach der Veröffentlichung der Videoaufnahmen vom erschütternden Verhalten des gewesenen Vizekanzlers sich locker eine Kolumne über dies und das aus dem Ärmel schütteln, ganz so, als stünde man vor einem brennenden Haus und versuchte, die Umstehenden mit dem Hinweis auf das gute Wetter oder den lieblichen Vogelgesang vom Inferno abzulenken? Wohl nicht.

Mich betrübt an dieser Affäre vieles, aber in Hinblick auf den kommenden Sonntag, an dem wir unser gemeinsames Europäisches Parlament wählen dürfen, besonders der Umstand, dass nun kaum jemand mehr in Österreich über inhaltliche Fragen zu diskutieren in der Lage scheint. Ab jetzt herrscht permanente Nationalratswahlkampagne, hören und lesen wir. So sehr das auch den Tatsachen entspricht, macht es mich zornig. Ist uns denn nicht klar, worum es am Sonntag geht? Schauen wir Österreicher denn nicht ab und zu ein bisserl über unseren Schnitzeltellerrand auf die Welt, die da draußen im Umbruch ist?

„In den Talkshows wird zu oft gefragt: ,Bist du für oder gegen Europa?‘“, gab mein früherer Brüsseler Kollege Reinhard Hönighaus, der nun Sprecher des Berlin-Büros der Europäischen Kommission ist, zu bedenken. „Vor der Bundestagswahl fragen wir ja auch nicht: ,Bist du für oder gegen Deutschland?‘ Die Frage muss sein: ,Welche Politik wollen wir in der EU in den nächsten fünf Jahren?‘“ Wir dürfen Europa mehr zutrauen, hält er fest, denn: „Alle Welt will mit uns Handelsverträge machen, weil wir den weltgrößten Binnenmarkt und eine offene, wettbewerbsfähige Wirtschaft haben. Europa ist Vorreiter in der globalen Klimapolitik und Stütze der multilateralen Organisationen. In den USA gilt die EU inzwischen als Vorbild für die Einhegung der Internetriesen. Die EU ist Taktgeber im Kampf gegen Steuerflucht. Europa ist nicht in allen, aber in vielen Bereichen handlungsfähig. Machen wir erwas draus!“ Dem kann ich nichts hinzufügen, außer: Gehen Sie wählen!

E-Mails an: oliver.grimm@diepresse.com

("Die Presse", Print-Ausgabe, 21.05.2019)

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